01.02.2016

Dünnschicht-Photovoltaik holt auf

Neue Chancen für die EU-Solarindustrie.

Der überwiegende Teil der Photovoltaik­anlagen weltweit ist mit Solarzellen aus kristallinem Silizium bestückt. Dank großer Fortschritte in der CIGS-Dünn­schicht­techno­logie könnte sich dies künftig ändern. Ein gemeinsam vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) und dem Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) sowie internationalen Experten aus Forschung und Industrie veröffentlichtes „White Paper“ zeigt die Chancen, die sich dadurch für die Solarindustrie in Europa eröffnen, auf.

Abb.: Auch optisch ansprechend: Fassade mit integrierten CIGS Modulen. (Bild: Manz)

Die CIGS-Dünnschicht­technologie ist die am weitesten entwickelte Silizium­alternative und wird derzeit immer preiswerter. Sie liefert zudem höhere Erträge unter Schwachlicht und Schatten und ermöglicht optisch ansprechende Einsatz­optionen. Die Zahlen sind beeindruckend: Im Jahr 2015 wurden weltweit 52 Gigawatt Solarstrom­leistung neu installiert – ein neuer Rekord. Insgesamt beträgt die global installierte Leistung mindestens 220 Gigawatt. Die jährliche Nachfrage soll in den nächsten Jahren auf über 100 Gigawatt steigen, die Über­kapazitäten schwinden. Das macht bald neue Solarfabriken nötig.

Der Platzhirsch unter den Photovoltaik­technologien mit einem überragenden Marktanteil von über 90 Prozent ist immer noch die multi­kristalline Silizium-PV. Die Fortschritte der Dünnschicht-Photovoltaik auf Basis von Kupfer-Indium-Gallium-Diselenid (CIGS) lassen aber aufhorchen. Nach dem Eintritt in die Massen­­produktion im Gigawatt­­maßstab inklusive schlüssel­­fertiger Produktions­­anlagen purzeln aktuell die Rekorde.

Während multikristalline Silizium­zellen heute Wirkungs­­grade von 21,3 Prozent erreichen, kommen CIGS-Solar­zellen inzwischen schon auf 22,3 Prozent. Bei den Modul-Wirkungs­graden ist die Silizium-PV nur noch geringfügig besser, die beiden Technologien liegen mit 15 bis 17 Prozent Effizienz nah beieinander. Die Produktions­kosten der CIGS-Module sind mittlerweile sogar auf das Niveau der Silizium­­technologie gesunken – 40 US-Cent pro Watt.

Abb.: Die Entwicklung der Effizienz-Rekorde erlebte einen raschen Anstieg seit 2014 und die Ergebnisse laufender F&E-Projekte schrauben die Erwartungen für die in den kommenden Jahren erzielbaren Werte hoch. (Bild: cigs-pv.net)

Da die Produktionskapazitäten der recht jungen Dünnschicht-PV noch nicht so groß sind wie bei ihrer Konkurrenz, sind nach einem Ausbau deutlich bessere Werte möglich. Wirkungs­­grade von 18 Prozent und mehr sowie Kosten von rund 25 US-Cent pro Watt sind laut ZSW und HZB bei CIGS-PV-Fabriken mit einer jährlichen Kapazität von 500 bis 1.000 Megawatt erreichbar. Die konkurrenzfähigen Kosten stellen sich, anders als bei der Silizium-PV, bereits bei einem vergleichsweise geringen Produktions­­volumen ein. Für Investoren bedeutet das deutlich niedrigere Einstiegs­investitionen.

Die Dünnschicht-Technologie besitzt darüber hinaus technische Vorteile: Die Module sind leichter und liefern höhere Erträge unter Schwachlicht­bedingungen. Der geringere Energie- und Material­­verbrauch bei der Her­stellung hat kürzere Energie­­rück­­lauf­zeiten zur Folge – es muss weniger Energie aufgewendet werden, um die Module herzustellen. Auch die höhere Schatten­toleranz ist ein Pluspunkt für Anlagen­besitzer. Da die Module homogen erscheinen, lassen sie sich optisch attraktiv in Hausdächer oder Fassaden integrieren. Auch flexible Varianten, die mit der hohen CIGS-Effizienz punkten können, werden entwickelt.

„Solarstrommodule auf Basis von Silizium werden noch eine Weile den übergroßen Markt­anteil besitzen“, sagt ZSW-Vorstand Prof. Dr. Michael Powalla. „Die Chancen für die CIGS-Dünn­schicht­­photo­voltaik sind jüngst aber wieder gestiegen.“ Gerade für Modul­­hersteller und den Anlagen- und Maschinen­bau in Deutschland und Europa sei das jetzt eine Chance.

ZSW / HZB / LK

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