25.07.2018

Dunkle Energie bleibt mysteriös

Großer Parameterbereich für mögliche Symmetronen-Felder durch Neutronen-Experimente ausgeschlossen.

Seit vielen Jahren suchen Forscher nach der geheimnis­vollen dunklen Materie und dunklen Energie. Mit den bisher bekannten Natur­kräften und Teilchen lassen sich wichtige kosmologische Phänomene nicht erklären – etwa die beschleunigte Expansion des Universums. Immer wieder werden neue Theorien vorgeschlagen, mit denen sich die dunkle Energie erklären ließe. Ein Kandidat dafür wären „Symmetron-Felder“, die ähnlich wie das Higgs-Feld den gesamten Raum durch­dringen würden.

Abb.: Abstandssensoren messen, ob eine unbekannte Kraft auf die Neutronen wirkt. (Bild: TU Wien)

An der TU Wien haben Forscher nun Experimente entwickelt, bei denen sich mit Hilfe von Neutronen extrem kleine Kräfte messen lassen. Die Messungen fanden an der ultra­kalten Neutronen­quelle PF2 des Instituts Laue-Langevin im Rahmen einer hundert­tägigen Mess­kampagne statt. Sie hätten einen Hinweis auf die geheimnis­vollen Symmetronen liefern können – doch die Teilchen blieben unent­deckt.

Das ist noch nicht das endgültige Ende für die Symmetronen-Theorie, doch zumindest in einem großen Parameter­bereich kann man die Existenz von Symmetronen nun aus­schließen. Die dunkle Energie muss wohl auf andere Weise erklärt werden.

„Eigentlich wären Symmetronen eine sehr schöne, elegante Erklärung für die dunkle Energie“, sagt Hartmut Abele, wissen­schaftlicher Leiter des Forschungs­projekts. „Das Higgs-Feld wurde ja bereits nach­gewiesen, und das Symmetronen-Feld ist eng mit dem Higgs-Feld verwandt.“ Doch ähnlich wie beim Higgs, dessen Masse bis zu seiner Ent­deckung unbekannt war, lassen sich auch die physikalischen Eigenschaften des Symmetrons nicht genau vorher­sagen.

„Niemand kann sagen, welche Masse die Symmetronen hätten und wie stark sie mit gewöhnlicher Materie wechsel­wirken würden“, erklärt Hartmut Abele. „Deshalb ist es auch schwierig, sie im Experiment nach­zuweisen – oder definitiv zu beweisen, dass es sie nicht gibt.“ Man kann die Existenz von Symmetronen immer nur in einem bestimmten Parameter­bereich bestätigen oder aus­schließen – also Symmetronen mit Massen oder Kopplungs­konstanten in einem bestimmten Werte­bereich.

Man tastet sich daher mit unter­schiedlichen Experimenten voran, um diese Parameterbereiche zu untersuchen. Schon bisher wusste man, dass manche Bereiche aus­geschlossen werden können. So kann es etwa Symmetronen mit großer Masse und kleiner Kopplungs­stärke nicht geben, weil sie sich sonst auf atomarer Ebene bereits entdeckt hätte: Genaue Untersuchungen des Wasserstoff­atoms hätten dann andere Ergebnisse liefern müssen. Anderer­seits lassen sich auch Symmetronen in einem bestimmten Bereich mit sehr großer Kopplungs­stärke aus­schließen, weil man sie sonst bei anderen Experimenten mit großen, massiven Pendeln nach­weisen hätte können.

Dazwischen gab es bisher aber noch sehr viel Platz für mögliche Symmetronen, der nun in den Experimenten der TU Wien unter­sucht wurde. Extrem langsame Neutronen werden zwischen zwei Spiegel­platten hindurch­geschossen. Die Neutronen können sich dabei in zwei verschiedenen quanten­physikalischen Zuständen befinden. Die Energien dieser Zustände hängen davon ab, welche Kräfte auf das Neutron wirken – so wird das Neutron zum extrem sensiblen Kraft-Detektor. Würde man fest­stellen, dass ganz knapp über dem Spiegel eine andere Kraft auf das Neutron wirkt als ein Stück darüber, dann wäre das ein starker Hinweis auf die Existenz des Symmetronen-Felds. Mario Pitsch­mann von der TU Wien, Philippe Brax vom CEA bei Paris und Guillaume Pignol vom LPSC Grenoble haben den Einfluss eines Symmetron­felds auf das Neutron berechnet.

Doch obwohl die Mess­methode extrem genau ist, konnte ein solcher Effekt nicht nach­gewiesen werden. Die Genauigkeit der Vermessung von Energie­differenzen liegt beim Experiment bei etwa 2x10-15 Elektronenvolt, ein Verdienst der Dissertation von Gunther Cronenberg an der TU Wien. Das entspricht der Energie, die man benötigt, um ein einzelnes Elektron im Gravitations­feld der Erde um etwa dreißig Mikro­meter nach oben zu heben.

Die für das Experiment benötigten ultra­kalten Neutronen wurden am Instrument PF2 des Instituts Laue-Langevin bereit­gestellt. „Für derartige Präzisions­experimente bei extrem kleinen Zähl­raten ist das PF2 mit seinem welt­weit stärksten Fluss ultra­kalter Neutronen praktisch alternativ­los.“, erklärt Tobias Jenke. Er war maß­geblich an der Entwicklung des Experiments an der TU Wien beteiligt und ist heute zusammen mit Peter Geltenbort Strahl­platz­verantwortlicher der ultra­kalten Neutronen­quelle am Institut Laue-Langevin.

Es sieht insgesamt also nicht gut aus für die Theorie der Symmetronen, aber ganz wider­legt ist ihre Existenz noch nicht. „Wir konnten einen großen Parameter­bereich aus­schließen – Symmetronen mit Eigen­schaften in diesem Bereich gibt es definitiv nicht, sonst hätten wir sie gefunden“, so Abele. Um auch die verbleibenden Schlupf­löcher definitiv zu schließen, braucht man noch etwas bessere Messungen – oder eine Ent­deckung, die das Rätsel der dunklen Energie auf andere Weise löst.

TU Wien / DE

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