24.08.2021

Dynamik rasanter Elektronen

Kurzzeit-Spektroskopie offenbart durch Licht ausgelöste Ladungsübertragungen.

Durch Licht ausgelöste Ladungs­übertragungen sind eine interessante elek­tronische Eigenschaft von Berliner Blau und einigen analog aufgebauten Verbindungen. Ein internationales Forschungs­team konnte jetzt die ultraschnellen Prozesse bei der lichtinduzierten Ladungs­übertragung zwischen Eisen und Mangan in einem Mangan-haltigen Berliner-Blau-Analogon aufklären.

Abb.: Ultraschnelle Prozesse bei der licht­induzierten Ladungs­übertragung...
Abb.: Ultraschnelle Prozesse bei der licht­induzierten Ladungs­übertragung zwischen Eisen und Mangan. (Bild: Wiley-VCH)

Berliner Blau oder Preußisch Blau heißt ein intensiv blaues anorganisches Pigment, das seit dem 18. Jahrhundert in der Malerei, Textil­färbung und Medizin verwendet wird. Im Kristallgitter der Komplex-Verbindung wechseln sich zweiwertige und dreiwertige Eisenionen ab. Die intensive Farbe entsteht durch eine Ladungs­übertragung: Unter Licht­anregung werden Elektronen vom Fe-II zum Fe-III übertragen. Auch wenn heute keine Textilien mehr damit gefärbt werden, machen die besonderen elektronischen Eigenschaften Berliner Blau für andere Anwendungen interessant, wie Fenster­scheiben mit selbst­anpassender Lichtdurch­lässigkeit, opto­elektronische Bauteile, Gasabsoprtion und Katalyse, sowie als Elektroden­material für neuartige Stromspeicher.

Inzwischen wurden ebenso interessante, analog aufgebaute Verbindungen mit anderen Metallen hergestellt, in dem Mangan einen Teil der Eisenionen ersetzt. Bei tiefen Temperaturen ist das Gitter aus dreiwertigen Mangan- und zweiwertigen Eisen-Ionen aufgebaut. Das Mangan ist oktaedrisch von den Stickstoff- und das Eisen von den Kohlenstoff­atomen der Cyanid-Liganden umgeben. Unter Licht findet eine Ladungs­übertragung wie bei Berliner Blau statt: Mn-III/Fe-II → Mn-II/Fe-III. Der Vorgang ist lokal begrenzt und läuft ultraschnell ab. Einen so raschen Prozess zu untersuchen ist eine Heraus­forderung.

Das Team um Hiroko Tokoro von der& Universität Tsukuba Shin-ichi Ohkoshi von der& Universität Tokio& und Eric Collet von der Universität Rennes 1 hat diese jetzt mit optischer Ultra­kurzzeit-Spektro­skopie in Form von Pump-Probe-Spektroskopie mit einer Auflösung von achtzig Femto­sekunden gemeistert. Dabei werden Elektronen der Verbindung durch Anregung mit einem Laserpuls in einen energetisch höheren Zustand versetzt. Kurz darauf wird das System mit einem zweiten Laserpuls einer anderen Wellenlänge bestrahlt und die Absorption ermittelt. Eine Kombination der Ergebnisse mit Berechnungen der elek­tronischen Band­strukturen ergab, dass es zwei verschiedene Wege der Photoschaltung für die Ladungs­übertragung gibt. Sie zeigen unter­schiedliche Dynamiken, die auf sehr verschiedenen Arten anfänglicher elektronischer Anregung basieren.

Der hauptsächlich durch­laufene Weg startet, indem ein Elektron durch das Licht von einem d-Orbital eines Mn-III in ein anderes, ener­getisch etwas höher liegendes d-Orbital des Mn-III angeregt wird. Dies führt zu einer Lockerung und damit Verlängerung der Bindungen zwischen dem Mn-III und einem Teil der benachbarten Stickstoff­atome. Der Oktaeder um das Mn wird gestaucht, was zu einer lokalen Verzerrung des Gitters und zu kohärenten Schwingungen führt. Dies ist die treibende Kraft für den Übertritt eines Elektrons vom Eisen auf das Mangan. Die Zeitskala für diesen Prozess liegt unterhalb von 200 Femto­sekunden. Daneben spielt der Intervalenz-Transfer-Weg eine Rolle. Dabei wird ein Elektron des Eisens durch Licht angeregt und direkt in ein Orbital des Mangans gehoben. Die langsamere Reorganisation verursacht keine kohärente Gitter­schwingung.

GdCh / JOL

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