Für die Entwicklung des „extremen Hochgeschwindigkeits-Laserauftragschweißens“ EHLA wird ein Forscherteam des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT und des Lehrstuhls für Digital Additive Production DAP der RWTH Aachen University mit dem Berthold Leibinger Innovationspreis 2018 geehrt. Mit EHLA lassen sich Bauteile besonders wirtschaftlich und gleichzeitig umweltfreundlich beschichten, reparieren oder additiv fertigen. Am 21. September erhalten die Aachener Wissenschaftler dafür den ersten Preis der Berthold Leibinger Stiftung in Ditzingen, der seit 2000 alle zwei Jahre für herausragende Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zur Anwendung oder Erzeugung von Laserlicht verliehen wird.
Abb.: Juror Wolfgang Marquardt (Vorstandsvorsitzender des FZ Jülich, links) und Preisträger Thomas Schopphoven vom Fraunhofer-ILT bei der Bekanntgabe der Preisträger des Berthold Leibinger Innovationspreises 2018. (Bild: Berthold Leibinger Stiftung)
Das Timing passte: Das Forscherteam erfuhr am 16. Mai 2018, dem ersten internationalen Tag des Lichts, dass es zur Jurysitzung in Ditzingen als Finalist eingeladen ist. Am 13. Juli 2018 durfte Thomas Schopphoven vom Fraunhofer-ILT im Namen seiner Kollegen Andres Gasser (ebenfalls Fraunhofer-ILT) und Gerhard Maria Backes (Lehrstuhl für Digital Additive Production DAP, RWTH Aachen) neben sieben weiteren Finalisten-Teams aus der ganzen Welt ihre Innovation präsentieren und erklären.
Das EHLA-Verfahren der Aachener Forscher überzeugte die internationale, prominent besetzte Jury. Am 21. September erhalten sie den mit 50.000 Euro dotierten ersten Preis im Rahmen einer festlichen Verleihung am Hauptsitz der Trumpf-Gruppe in Ditzingen. Der zweite Preis geht in diesem Jahr an die Projektgruppe Delphi für die industrielle Anwendung von Verfahren der Femtosekunden-Laserlithographie in der integrierten Optik. Mit dem dritten Preis werden Jürgen Popp und Ute Neugebauer für die Entwicklung einer laserbasierten Methode zur schnellen Ermittlung von Antibiotika-Resistenzen geehrt.
„In der Laserbranche zählt dieser Preis zu den weltweit hochkarätigsten Auszeichnungen“, freut sich Thomas Schopphoven, Leiter des Teams „Produktivität und Systemtechnik“ in der Gruppe Laserauftragschweißen am Fraunhofer-ILT. „Wir freuen uns außerordentlich über die Anerkennung unserer Arbeit zur energie- und ressourceneffizienten Fertigung mit Laserlicht.“ Die Aachener wurden für EHLA bereits mit dem Joseph-von-Fraunhofer-Preis 2017 und dem Stahl-Innovationspreis 2018 ausgezeichnet.
Die Innovation basiert auf einem altbekannten Verfahren: Das Laserauftragschweißen hat sich bisher etwa als Reparaturverfahren für Turbinenschaufeln bewährt. Die geringe Verfahrensgeschwindigkeit verhinderte allerdings bisher den serienmäßigen Einsatz beim Beschichten großer Bauteile. Diesen prozessbedingten Nachteil haben Schopphoven und sein Team beendet, indem beim EHLA-Verfahren Metallpulverpartikel direkt im Laserstrahl geschmolzen werden. So ließ sich die Prozessgeschwindigkeit von bisher maximal einigen Metern pro Minute auf bis zu 500 Meter pro Minute steigern. Gleichzeitig sinkt die herstellbare Schichtdicke von bisher über 500 auf 10 bis 250 Mikrometer. Dank dieser beiden Eigenschaften kommt die Aachener Erfindung vor allem als Alternative zum bisher üblichen Hartverchromen mit umstrittenen Chrom(VI)-Verbindungen oder dem thermischen Spritzen zum Einsatz.
Das Konzept ist erfolgreich: Seit 2015 hat die niederländische IHC Vremac Cylinders B.V. aus Apeldoorn bereits einige hundert Hydraulikzylinder für den weltweiten Offshore-Einsatz mit EHLA beschichtet. Die so mit verschleiß- und korrosionsbeständigen Legierungen ausgestatteten Zylinder mit Längen von bis zu zehn Metern und Durchmessern von bis zu 500 Millimetern genügen höchsten Ansprüchen. Den Offshore-Markt in China hat die ACunity GmbH aus Aachen, ein Spin-off des Fraunhofer-ILT, im Visier: Sie lieferte vor kurzem drei große EHLA-Systeme zum umweltfreundlichen Beschichten von Offshore-Hydraulik-Zylindern an die chinesische Firma Hebei Jingye Additive Manufacturing Technology Co., Ltd.
Doch der Offshore-Markt ist erst der Anfang, ist sich der Teamleiter und Wissenschaftler sicher. Schopphoven: „Das EHLA-Verfahren eignet sich besonders für die Automobilindustrie – zum Beispiel für die Beschichtung von Bremsscheiben, die bisher wegen der großen Belastungen und hohen Anforderungen an Wirtschaftlichkeit sowie Umweltfreundlichkeit nur schwierig beschichtet werden konnten.“
Fh.-ILT / DE