15.03.2018

Ein Bauteil für die Magnon-Logik

Spin-Ventil-Struktur ermöglicht Steuerung von Magnon-Strömen.

Das aufstrebende Forschungsfeld der Magnon-Spintronik untersucht die Möglichkeit, Informationen mit Hilfe von Magnon-Spinströmen zu übertragen und zu verarbeiten. Im Gegensatz zu elektrischen Strömen, auf denen die heutige, etablierte Informations­technologie basiert, übertragen Magnon-Spinströme keine elektrische Ladung, sondern ein magnetisches Moment. Dies geschieht durch magnetische Wellen, die Magnonen, die sich analog zu Schall­wellen durch magnetische Materialien ausbreiten. Ein wesentlicher Baustein der Magnon-Spintronik ist die Magnon-Logik, die es zum Beispiel durch die Überlagerung von Spin­strömen erlaubt, logische Operationen und damit schließlich die Informations­verarbeitung vorzunehmen.

Abb.: Je nach Konfiguration des Spin-Ventils wird das elektrische Signal unterdrückt (oben) oder weitergeleitet (unten). (Bild: J. Cramer)

Einem internationalen Team von Physikern der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU), der Universität Konstanz sowie der Tohoku Universität in Sendai, Japan, ist es nun gelungen, dem Baukasten der Magnon-Logik ein weiteres Bauteil hinzuzufügen. Die Wissenschaftler konnten eine Spin-Ventil-Struktur einsetzen und über die magnetische Konfiguration des Ventils die Detektions­effizienz von Magnon-Strömen steuern. Dies ermöglicht prinzipiell die Weiter­leitung oder Unter­drückung der ankommenden Information.

Das wesentliche Ziel der Magnon-Spintronik ist die Ablösung der elektrischen Ladung durch Magnonen als dem grund­legenden Informations­träger. Magnonen bieten unter anderem die Möglichkeit des „wave-based computing“, das mehr Optionen zur logischen Daten­verarbeitung im Vergleich zu konventioneller Elektronik zur Verfügung stellt. Außerdem bewegen sich Magnonen in magnetischen Isolatoren mit vergleichs­weise geringen Verlusten fort, was eine energie­effizienteren Daten­verarbeitung in Aussicht stellt.

Die jetzt untersuchte Spin-Ventil-Struktur ist ein Dreilagen­system, das aus dem elektrisch isolierenden Ferro­magneten Yttrium-Eisen-Granat (YIG), dem isolierenden Antiferro­magneten Cobalt(II)-oxid (CoO) und schließlich dem metallischen Ferro­magneten Cobalt (Co) besteht: YIG/CoO/Co. Durch das oszillierende Magnet­feld von eingestrahlten Mikro­wellen wird gezielt eine Rotation der YIG-Magnetisierung angeregt, die einen Magnon-Spinstrom in das CoO aussendet. In dem metallischen Co-Film wird der Magnon-Spinstrom schließlich durch den inversen Spin-Hall-Effekt in einen elektrischen Ladungs­strom konvertiert und somit detektiert.

In dem Experiment ließ sich zeigen, dass die Stärke des detektierten Signals stark von der magnetischen Konfiguration des Spin-Ventils abhängt. Ist die Magnetisierung von YIG und Co anti­parallel angeordnet, ist das Signal zirka 120 Prozent größer als im parallelen Zustand. Das mehrfache Umschalten der Co-Magnetisierung zeigte zudem, dass der Effekt stabil und somit eine Langzeit­operation möglich ist. „Alles in allem kann mit Hilfe dieses Effekts in gewisser Weise ein Schalter eingerichtet werden, der den Magnon-Strom als elektrisches Signal weiterleitet oder unterdrückt“, so Joel Cramer. „Das Ergebnis unseres Experiments ist ein Effekt, der in zukünftigen, potenziellen Magnon-Logik-Operationen Anwendung finden könnte und somit einen wesentlichen Beitrag zur Magnon-Spintronik leistet“, fügt Cramer hinzu.

Die Theorie zu der Arbeit wurde gemeinsam von Gruppen in Mainz und Konstanz erarbeitet. Insbesondere mit der Theorie-Gruppe von Ulrich Nowak in Konstanz besteht eine lange fruchtbare Zusammen­arbeit. „Nachdem kürzlich unser dritter gemeinsamer Projekt­antrag positiv evaluiert worden ist, freue ich mich auch für die Zukunft auf eine intensive gemeinsame Arbeit“, ergänzt Mathias Kläui, Direktor der Exzellenz-Graduierten­schule Materials Science in Mainz

JGU / DE

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