20.06.2018

Ein CERN für Künstliche Intelligenz?

Eine Initiative ruft dazu auf, die Forschung und Entwicklung Künstlicher Intelligenz in Europa zu bündeln und die Förderung drastisch zu erhöhen.

Bislang rund 600 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner fordern in einem Schreiben die europäischen und nationalen Entscheider auf, ihre Unterstützung für Forschungsexzellenz und Innovation in der Künstlichen Intelligenz (KI) drastisch zu erhöhen. Unter den Unterzeichnern sind Spitzenforscher aus 20 europäischen Ländern, aus allen Bereichen der KI, darunter Vorsitzende nationaler KI-Gesellschaften, Leiter von Spitzenforschungsinstituten und viele Herausgeber wissenschaftlicher KI-Zeitschriften.

Diese Initiative wurde von drei KI-Experten in den Niederlanden, Norwegen und Deutschland ins Leben gerufen: Holger Hoos, Professor für Maschinelles Lernen an der Universität im Leiden, Morten Irgens, Vizerektor an der Oslo Metropolitan University und Philipp Slusallek, Wissenschaftlicher Direktor am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI).

Künstliche Intelligenz wird die Art und Weise, wie wir leben und arbeiten, grundlegend verändern, so die Argumentation der Experten. Forschung zur Künstlichen Intelligenz sei daher auch für die Zukunft Europas von entscheidender Bedeutung. Die Initiative fordert die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz, welche die menschliche Intelligenz ergänzt, anstatt sie zu ersetzen.

Die USA, China und Kanada investieren kräftig in KI. Die chinesische Regierung kündigte im vergangenen Jahr ein Programm an, das darauf abzielt, bis 2030 die Spitzenstellung in allen Bereichen der Künstlichen Intelligenz zu erlangen. „KI ist ein globaler ‚Game Changer‘. Man sagt manchmal, der beste Weg die Zukunft zu meistern, bestehe darin, sie zu schaffen. Wir werden das nicht anderen überlassen“, betont Morgen Irgens.

Die Initiative fordert die Gründung einer Konföderation der Laboratorien für Künstliche Intelligenz-Forschung in Europa (CLAIRE). Ein großer zentraler Knotenpunkt stellt Forschungsinfrastruktur, Daten und Computing-Ressourcen zur Verfügung, die ansonsten unerreichbar wären, und macht sie regionalen Exzellenzzentren und allen anderen Partnern zugänglich. „CERN ist ein hervorragendes Beispiel dafür, was wir mit CLAIRE erreichen wollen“, so Slusallek. „Die Hauptforschung wird von vielen exzellenten Forschern und Laboren in ganz Europa und der Welt betrieben. Aber durch die Koordinierung ihrer Forschung erhalten sie in allen Bereichen eine viel größere Hebelwirkung und deutlich mehr Anerkennung.“

CLAIRE soll die Sichtbarkeit und Zusammenarbeit der Forschung und Entwicklung in der KI in Europa erhöhen und nicht zuletzt Talente anziehen und fördern. Im Gegensatz zu CERN soll die Struktur von CLAIRE trotz einer zentralen Einrichtung einen verteilten Charakter besitzen, da die KI-Forschung nicht von einem einzigen Großexperiment abhängt. Über weitere Details zur Organisation und Finanzierung möchten die Initiatoren des Aufrufs in diesem frühen Stadium noch keine Stellung nehmen.

Bereits am 10. April 2018 unterzeichneten 25 europäische Länder die Zusage, die Finanzierung und Koordination der KI-Forschung zu erhöhen. Zwei Wochen später veröffentlichte die Europäische Kommission erste Pläne zur Finanzierung von KI-Forschung und Innovation mit rund 20 Milliarden Euro. Die Kommission selbst will die Investitionen in diesem Bereich auf 1,5 Milliarden Euro für den Zeitraum 2018 bis 2020 im Rahmen des Horizons-2020-Programms erhöhen.

DKFI / Alexander Pawlak

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