Ein Drittel hat umgestellt
Bisher hat nur etwas mehr als ein Drittel der EU-Staaten vollständig auf das zweistufige Bachelor- und Mastersystem umgestellt. Das geht aus einer aktuellen EU-Studie hervor.
Ein Drittel hat umgestellt
Brüssel (dpa) - Die Vergleichbarkeit von Studienabschlüssen in Europa kommt drei Jahre vor dem vereinbarten Termin 2010 noch immer schleppend voran. Denn bisher hat nur etwas mehr als ein Drittel der Staaten vollständig auf das zweistufige Bachelor- und Mastersystem oder - zählt man die Promotion dazu - auf das dreistufige System der Abschlüsse umgestellt. Das geht aus einem von der Europäischen Union (EU) vorab veröffentlichten Bericht zum so genannten Bologna-Prozess hervor.
Bologna, die Stadt mit der ältesten Universität Europas, ist seit 1999 Namensgeberin für den ehrgeizigen Plan, möglichst alle Hochschulen mit einem einheitlichem Punktesystem zur Leistungsbewertung vergleichbar zu machen. Am 17./18. Mai treffen sich in London Minister aus inzwischen 45 Staaten, um zum vierten Mal eine Bestandsaufnahme zu machen.
Nach Angaben der EU-Kommission ist beim Punktesystem «mehr als die Hälfte des Weges» zurückgelegt. Unter den Ländern, die inzwischen auf die gestuften Abschlüsse umgestellt haben, sind zudem die Staaten, die nicht viel machen mussten. Großbritannien und Irland kannten bereits vor «Bologna» Bachelor und Master. Ansonsten aber herrscht Unübersichtlichkeit, wenn Europas Hochschulen verglichen werden.
Zunächst hatten 29 Staaten die Absichtserklärung für das grenzüberschreitende Studium unterschrieben: die damals 15 Staaten der EU, elf Staaten, die zu der Zeit noch Beitrittskandidaten waren und inzwischen Mitglieder sind, sowie die EFTA-Staaten Island, Norwegen und die Schweiz. In Berlin 2003 traten auch Russland und die Balkan-Staaten bei. Seit 2005 gehören Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Moldawien und die Ukraine ebenfalls dazu. In London kommt nun Montenegro als Nummer 46 hinzu. Die meisten Länder sind mitten im Umstellungsprozess, darunter auch Deutschland. Fast überall sind längere Übergangszeiten geplant. In Spanien etwa wird es wohl bis 2012 dauern.
In der EU-Kommission ist man dennoch zuversichtlich, dass in drei Jahren - zumindest formal - die Dreistufigkeit überall eingeführt ist. Doch auch dann wird es noch möglich sein, auf alte nationale Abschlüsse hin zu studieren - nicht zuletzt in Deutschland im Studiengang Jura. Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) hatte Anfang Mai berichtet, dass das Land internationale Abschlüsse nun bei 48 Prozent des Studienangebotes habe.
In EU-Kommissionskreisen heißt es, Deutschland sei wie ein Ozeanriese. Wie oft bei der Umsetzung von internationalen Vereinbarungen komme es nur langsam in Bewegung. EU-Bildungskommissar Jan Figel kommentiert das diplomatisch: «Es ist klar, dass föderale Staaten mehr Zeit brauchen.» In Deutschland sind Hochschulen Ländersache. Auch wenn nicht alle wie geplant nachkommen - Figel drückt weiter auf das Tempo. «Europa sollte nun einen Schritt weitergehen», sagt er. Die Unis müssten auch ihre Lehrpläne und ihre Verwaltung modernisieren oder virtuelle Hochschulen einrichten. In London soll unter anderem ein Register europäischer Agenturen für die europaweite Qualitätssicherung beschlossen werden.
Gregor Tholl, dpa