Ein durchschlagendes Mach-Werk
Ernst Mach, eine der prägenden Forschergestalten an der Wende zum 20. Jahrhundert, starb vor hundert Jahren.
Foto eines Geschosses mit Kopfwelle, das Ernst Mach im Jahr 1890 aufgenommen hat. (Quelle: Deutsches Museum)
Den Österreicher Ernst Mach (1838 – 1916) als Physiker zu bezeichnen, ist zwar korrekt, aber angesichts seiner äußerst vielseitigen Aktivitäten eine ziemliche Einschränkung. Nicht von ungefähr nannte Albert Einstein ihn in seinem Nachruf einen „vielseitig interessierten, emsigen Naturforscher“. Das zeigt sich auch an den Entwicklungen, die seinen Namen tragen: die Mach-Zahl, die dimensionslose Kennzahl für Geschwindigkeiten bezogen auf die Schallgeschwindigkeit, das Machsche Prinzip, das gegen Newtons Idee eines absoluten Raumes gewendet ist, und das Mach-Zehnder-Interferometer, ein immer noch unverzichtbares Werkzeug der Experimentalphysik.
Mach wurde am 18. Februar 1838 in Chirlitz bei Brünn (im heutigen Tschechien) geboren. Seine akademische Karriere führte ihn nach in Wien, wo er bereits mit 22 promovierte, nach Graz und an die Universität Prag, wo er ab 1867 für 28 Jahre Professor für Physik war. 1867 heiratete er Ludovica Marussig, mit der er eine Tochter und vier Söhne hatte.
Machs Forschungen zeichneten sich durch eine erstaunliche Breite aus. Neben Optik, Akustik, Gasdynamik und Ballistik befasste er sich mit Fragen der Wahrnehmungsphysiologie, Pflanzenwachstum, aber auch mit physikgeschichtlichen und erkenntnistheoretischen Themen. Berühmt wurden seine Fotografien der Strömungsfelder von Geschossen, die insbesondere Prozesse bei Überschallgeschwindigkeiten sichtbar machten. Damit wurde Mach zu einem der Pioniere der Kurzzeitfotografie.
1895 wechselte Ernst Mach auf eine Professur für „Philosophie, insbesondere Geschichte und Theorie der induktiven Wissenschaften“ der Universität Wien, die er schon drei Jahre später aufgrund eines Schlaganfalls aufgeben musste. Rechtsseitig gelähmt führte er aber seine wissenschaftlichen und publizistischen Tätigkeiten fort. „Nun hiess es trotz meines krüppelhaften Zustandes noch arbeiten!“, schrieb Mach in seiner „Selbstbiographie“ aus dem Jahr 1913, weil seine beiden jüngsten Söhne „noch gar keine materielle-ökonomische Grundlage fürs Leben hatten“. Sein ältester Sohn Ludwig wurde in dieser Zeit zu seinem wichtigsten Mitarbeiter, durchaus nicht immer zum Nutzen. So schob Ludwig Mach seinem Vater in einer Neuauflage von dessen „Die Mechanik in ihrer Entwickelung“ ablehnende Bemerkungen über die Relativitätstheorie unter. Dabei spielte Machs Kritik an Newtons Vorstellung eines absoluten Raums und einer absoluten Zeit eine prägende Rolle für Einsteins Entwicklung der Relativitätstheorie, die Mach wohlwollend verfolgte.
Das Jubiläumsjahr 2016 bietet vielfältige Möglichkeiten, das Werk von Ernst Mach zu erkunden. Seine Veröffentlichungen erscheinen seit 2008 im Rahmen einer Studienausgabe, steht aber in weiten Teilen auch online frei zur Verfügung. Eine internationale Konferenz vom 16 bis 18. Juni in Wien soll Leben, Werk und Einfluss von Ernst Mach in seiner ganzen Breite und Vielfalt würdigen.
Der Nachlass von Mach, der rund zehn Regalmeter umfasst, befindet sich im Archiv des Deutschen Museums in München. Den größten Teil bilden die Korrespondenzen, die Sammlung seiner Publikationen und ein wertvoller Fundus von 942 wissenschaftlichen Fotoplatten, die auch online zugänglich sind. Sie zeigen die bekannten Geschossaufnahmen und andere Schallphänome, aber auch Versuche zum Pflanzenwachstum. Für Ende 2016 plant das Deutsche Museum eine Ausstellung zu Ernst Mach, die insbesondere die enge Zusammenarbeit mit seinem Sohn Ludwig in neuem Licht erscheinen lassen soll.
Alexander Pawlak