Ein einzelnes Ion als Thermometer

Neues Verfahren zur Bestimmung der Frequenzverschiebung durch thermische Strahlung unterstützt mögliche Neudefinition der Sekunde.

Optische Atomuhren gelten als die Atomuhren der Zukunft. Sie ticken zwar bereits, aber noch ist die Einheit Sekunde durch Cäsium-Atomuhren definiert. Bei ihnen werden Cäsium-Atome durch Mikro­wellen­strahlung angeregt, die Atome oder Ionen bei optischen Uhren dagegen durch optische Strahlung. Die häufigeren Schwingungen pro Zeiteinheit von Licht im Vergleich zur Mikrowelle erlauben eine Bestimmung der Frequenz dieser Atomuhren mit weit höherer Genauigkeit. Forschern der Physikalisch-Technischen Bundes­anstalt ist es jetzt gelungen, einen entscheidenden Einfluss­faktor auf diese Referenz­frequenz, die Temperatur der Umgebung, genau zu bestimmen. Das neue Verfahren beruht darauf, dass bereits kleinste Frequenz­ver­schiebungen direkt mit der Temperatur korreliert sind. Dazu verglichen die Forscher zwei optische Atomuhren mitein­ander und konnten die Frequenz des Referenz­über­gangs von Strontium-Ionen mit dreifach höherer Genauigkeit bestimmen. Diese Messung ebnet den Weg zu einer zukünftigen Neu­definition der Sekunde.

Abb.: Aufbau der optischen Uhr mit Strontium-Ionen: Über Spiegel wird...
Abb.: Aufbau der optischen Uhr mit Strontium-Ionen: Über Spiegel wird Laser­licht in eine Vakuum­kammer ge­führt, in der es mit ge­spei­cher­ten Ionen wech­sel­wirkt. Das Ion schwingt da­durch zwischen zwei Zu­ständen mit einer festen Fre­quenz, die in ge­rin­gem Maße von der Tem­pe­ra­tur be­ein­flusst wird. (Bild: PTB)

Optische Atomuhren beruhen auf Elektronen­über­gängen in Atomen oder Ionen. Solche Übergänge heißen auch Quanten­sprünge, weil dabei ein Elektron von einem Energie­niveau auf ein anderes springt. Die Frequenz der Strahlung, die bei einem solchen Übergang entsteht, ist eine Natur­konstante und lässt sich höchst genau messen. Entscheidend ist dabei, dass die Übergangs­frequenz entweder nicht gestört wird oder dass etwaige kleine Verschiebungen der Frequenz mit hoher Genauigkeit gemessen und dadurch korrigiert werden.

Eine wichtige Ursache für solche Verschiebungen ist die Wärmestrahlung, die von allen Körpern ausgeht, deren Temperatur sich nicht am absoluten Nullpunkt befindet. Eine besonders kritische Quelle von Wärmestrahlung bei optischen Uhren ist die Ionenfalle, die die Ionen für die Interaktion mit dem Laser an einer festen Stelle hält. Um das thermische Feld, das Ionen in einer Hoch­frequenz­falle stört, zu bestimmen, basierten bisherige Arbeiten auf aufwändigen Computer­simula­tionen in Kombination mit Präzisions-Temperatur­messungen. Bei dem von der PTB neu entwickelten Verfahren wird stattdessen das gefangene Ion selbst verwendet, um das thermische Feld genau zu charakte­ri­sieren. Dazu verglichen die Forscher den Referenz­übergang für verschiedene Betriebsmodi mit einer unabhängigen optischen Uhr.

Da der Temperaturanstieg in der Umgebung des Ions auf elektrische Verluste zurück­zu­führen ist, ermöglicht der Betrieb bei unter­schied­lichen elektrischen Leistungen eine Extra­polation auf einen Temperatur­anstieg von Null Kelvin. Die Forscher haben dieses einfache Konzept erfolgreich demonstriert und eine auf 88Sr+-Ionen basierende Uhr mit einer auf 171Yb+-Ionen basierenden Uhr auf 17 Stellen genau verglichen. Ihr Ergebnis verbessert nicht nur die Kenntnis der 88Sr+-Uhrenfrequenz um einen Faktor 3, sondern hilft auch bei der Bewertung früherer inkonsis­tenter Bestimmungen dieser Größe. Solche Messungen sind von besonderer Bedeutung, da sie inter­nationale Über­ein­stimmung und einen kontinu­ier­lichen Übergang bei einer künftigen Neu­definition der Sekunde unter Verwendung eines optischen Referenz­übergangs sicherstellen.

PTB / RK

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