25.01.2021 • Energie

Ein hochkompakten Wechselrichter zur Direktanbindung ans Mittelspannungsnetz

Der Einsatz neuartiger Transistoren aus Siliziumkarbid mit sehr hohen Sperrspannungen macht die direkte Anbindung möglich.

Immer mehr regenerative Erzeugungs­anlagen sowie elektrische Speicher werden an das Stromnetz angeschlossen. Dadurch kommt der Leistungs­elektronik eine entscheidende Rolle zu, weil sie zur Ankopplung dieser Systeme an das Netz notwendig ist. Neben der reinen Einspeisung und Rückspeisung von elektrischer Energie muss die Leistungs­elektronik aber noch weitere netz­stützende Aufgaben übernehmen. Im Projekt SiC-MSBat haben Forscher des Fraunhofer-Instituts für solare Energie­systeme jetzt gemeinsam mit Partnern einen hoch­kompakten Wechsel­richter zur direkten Einspeisung in das Mittel­spannungs­netz entwickelt und erfolgreich in Betrieb genommen.

Abb.: Ein am Fraun­hofer-ISE ent­wickelter 250-kVA-Wechsel­richter-Stack mit...
Abb.: Ein am Fraun­hofer-ISE ent­wickelter 250-kVA-Wechsel­richter-Stack mit 3,3-kV-SiC-Tran­sis­toren. (Bild: Fh.-ISE)

Aktuell speisen Wechselrichter meist in das Nieder­spannungs­netz ein. Über große 50-Hz-Trans­forma­toren werden sie dann an das Mittel­spannungs­netz gekoppelt. Der Einsatz neuartiger Transistoren aus Silizium­karbid mit sehr hohen Sperr­spannungen ermöglicht nun auch eine direkte Anbindung der Wechsel­richter an das Mittel­spannungs­netz. Durch die hohe Regel­dynamik von SiC-Wechsel­richtern können sie netz­stabili­sierende Aufgaben übernehmen und beispiels­weise als Netzfilter fungieren, um Oberwellen im Mittel­spannungs­netz zu kompensieren.

Außerdem können SiC-Wechselrichter viel höhere Leistungs­dichten als herkömm­liche Wechsel­richter erzielen. Das führt zu einem kompakten Aufbau, was vor allem dann ein Vorteil ist, wenn Anlagen im inner­städtischen Bereich gebaut oder bestehende Altanlagen nach­gerüstet werden sollen. Neben den reinen System­kosten spielen gerade in Stadt­gebieten auch die Bau- und Infra­struktur­kosten eine sehr große Rolle. Im Rahmen des Projekts „SiC-MSBat - Mittel­spannungs­umrichter mit Hochvolt-SiC-Leistungs­modulen für Großspeicher und system­dienliche Verteil­netze“ wurde ein 250-kW-Wechsel­richter-Stack zur Einspeisung in 3-kV-AC-Netze entwickelt.

Zum Einsatz kommen dabei neuartige 3,3-kV-SiC-Transistoren. Diese weisen wesentlich geringere Verlust­leistungen als vergleich­bare Silizium-Transistoren auf. Dadurch ist es möglich, den Wechsel­richter-Stack mit einer Schalt­frequenz von 16 kHz zu takten. Mit Silizium-Transistoren nach dem aktuellen Stand der Technik sind in dieser Spannungs­klasse nur etwa zehnmal kleinere Schalt­frequenzen möglich. Die hohe Schalt­frequenz ermöglicht Einsparungen bei den passiven Bauelementen, da diese kleiner dimensioniert werden können.

Eine weitere Besonderheit des Wechsel­richters ist seine aktive Flüssigkeits­kühlung mit einem synthe­tischen Esther als Kühl­medium. Dieses Medium wird durch den Wechsel­richter gepumpt und kühlt sowohl die Transistoren über einen Flüssigkeits­kühl­körper als auch die Filter­drosseln, die in einem geschlossenen Tank unter­gebracht sind. Gleich­zeitig dient das Kühl­medium für die Filter­drosseln als elektrisches Isolations­medium, wodurch die Filter­drosseln noch kompakter gebaut werden können.

Der Wechselrichter wurde in den Labors des Fraunhofer-ISE aufgebaut und getestet, wobei er bei der Nenn­leistung einen sehr hohen Wirkungs­grad von 98,4 Prozent erzielte. Die Konstruktion des Geräts erlaubt das modulare Zusammen­schalten von mehreren Wechsel­richter-Stacks, um so System­leistungen von mehreren Megawatt zu erreichen. Unter Berück­sich­tigung von zusätzlichem Bauraum für Schaltgeräte und Kühlaggregat kann eine Volumen­ein­sparung des Wechsel­richter­systems von bis zu vierzig Prozent gegenüber kommer­ziellen Wechsel­richter­systemen dieser Spannungs­klasse erreicht werden.

Das Fraunhofer-ISE sieht viele potenzielle Anwendungs­gebiete für den Einsatz von hoch­sperrenden SiC-Bauelementen im Bereich der Mittel­spannung. „Gerade bei großen Photo­voltaik­kraft­werken geht der Trend zu immer höheren Spannungen“, so Andreas Hensel, Teamleiter Leistungs­elektronik für die Mittel­spannung am Fraunhofer-ISE. „Mit der seit wenigen Jahren verfüg­baren 1500-V-PV-Techno­logie wird die Nieder­spannungs­richt­linie bereits voll ausgereizt. Der nächste Schritt wird hier der Übergang zur Einspeisung auf Mittel­spannungs­ebene sein, welcher weitere Einspar- und Verbesserungs­potenziale im System­konzept von PV-Kraftwerken mit sich bringen wird.“ Weitere Anwendungs­gebiete von Mittel­spannungs­leistungs­elektronik sind neben regenera­tiven Kraftwerken und großen Batterie­speicher­anlagen auch Antriebs­systeme und die Bahntechnik.

Fh.-ISE / RK

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