Ein hochkompakten Wechselrichter zur Direktanbindung ans Mittelspannungsnetz
Der Einsatz neuartiger Transistoren aus Siliziumkarbid mit sehr hohen Sperrspannungen macht die direkte Anbindung möglich.
Immer mehr regenerative Erzeugungsanlagen sowie elektrische Speicher werden an das Stromnetz angeschlossen. Dadurch kommt der Leistungselektronik eine entscheidende Rolle zu, weil sie zur Ankopplung dieser Systeme an das Netz notwendig ist. Neben der reinen Einspeisung und Rückspeisung von elektrischer Energie muss die Leistungselektronik aber noch weitere netzstützende Aufgaben übernehmen. Im Projekt SiC-MSBat haben Forscher des Fraunhofer-Instituts für solare Energiesysteme jetzt gemeinsam mit Partnern einen hochkompakten Wechselrichter zur direkten Einspeisung in das Mittelspannungsnetz entwickelt und erfolgreich in Betrieb genommen.
Aktuell speisen Wechselrichter meist in das Niederspannungsnetz ein. Über große 50-Hz-Transformatoren werden sie dann an das Mittelspannungsnetz gekoppelt. Der Einsatz neuartiger Transistoren aus Siliziumkarbid mit sehr hohen Sperrspannungen ermöglicht nun auch eine direkte Anbindung der Wechselrichter an das Mittelspannungsnetz. Durch die hohe Regeldynamik von SiC-Wechselrichtern können sie netzstabilisierende Aufgaben übernehmen und beispielsweise als Netzfilter fungieren, um Oberwellen im Mittelspannungsnetz zu kompensieren.
Außerdem können SiC-Wechselrichter viel höhere Leistungsdichten als herkömmliche Wechselrichter erzielen. Das führt zu einem kompakten Aufbau, was vor allem dann ein Vorteil ist, wenn Anlagen im innerstädtischen Bereich gebaut oder bestehende Altanlagen nachgerüstet werden sollen. Neben den reinen Systemkosten spielen gerade in Stadtgebieten auch die Bau- und Infrastrukturkosten eine sehr große Rolle. Im Rahmen des Projekts „SiC-MSBat - Mittelspannungsumrichter mit Hochvolt-SiC-Leistungsmodulen für Großspeicher und systemdienliche Verteilnetze“ wurde ein 250-kW-Wechselrichter-Stack zur Einspeisung in 3-kV-AC-Netze entwickelt.
Zum Einsatz kommen dabei neuartige 3,3-kV-SiC-Transistoren. Diese weisen wesentlich geringere Verlustleistungen als vergleichbare Silizium-Transistoren auf. Dadurch ist es möglich, den Wechselrichter-Stack mit einer Schaltfrequenz von 16 kHz zu takten. Mit Silizium-Transistoren nach dem aktuellen Stand der Technik sind in dieser Spannungsklasse nur etwa zehnmal kleinere Schaltfrequenzen möglich. Die hohe Schaltfrequenz ermöglicht Einsparungen bei den passiven Bauelementen, da diese kleiner dimensioniert werden können.
Eine weitere Besonderheit des Wechselrichters ist seine aktive Flüssigkeitskühlung mit einem synthetischen Esther als Kühlmedium. Dieses Medium wird durch den Wechselrichter gepumpt und kühlt sowohl die Transistoren über einen Flüssigkeitskühlkörper als auch die Filterdrosseln, die in einem geschlossenen Tank untergebracht sind. Gleichzeitig dient das Kühlmedium für die Filterdrosseln als elektrisches Isolationsmedium, wodurch die Filterdrosseln noch kompakter gebaut werden können.
Der Wechselrichter wurde in den Labors des Fraunhofer-ISE aufgebaut und getestet, wobei er bei der Nennleistung einen sehr hohen Wirkungsgrad von 98,4 Prozent erzielte. Die Konstruktion des Geräts erlaubt das modulare Zusammenschalten von mehreren Wechselrichter-Stacks, um so Systemleistungen von mehreren Megawatt zu erreichen. Unter Berücksichtigung von zusätzlichem Bauraum für Schaltgeräte und Kühlaggregat kann eine Volumeneinsparung des Wechselrichtersystems von bis zu vierzig Prozent gegenüber kommerziellen Wechselrichtersystemen dieser Spannungsklasse erreicht werden.
Das Fraunhofer-ISE sieht viele potenzielle Anwendungsgebiete für den Einsatz von hochsperrenden SiC-Bauelementen im Bereich der Mittelspannung. „Gerade bei großen Photovoltaikkraftwerken geht der Trend zu immer höheren Spannungen“, so Andreas Hensel, Teamleiter Leistungselektronik für die Mittelspannung am Fraunhofer-ISE. „Mit der seit wenigen Jahren verfügbaren 1500-V-PV-Technologie wird die Niederspannungsrichtlinie bereits voll ausgereizt. Der nächste Schritt wird hier der Übergang zur Einspeisung auf Mittelspannungsebene sein, welcher weitere Einspar- und Verbesserungspotenziale im Systemkonzept von PV-Kraftwerken mit sich bringen wird.“ Weitere Anwendungsgebiete von Mittelspannungsleistungselektronik sind neben regenerativen Kraftwerken und großen Batteriespeicheranlagen auch Antriebssysteme und die Bahntechnik.
Fh.-ISE / RK
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