28.07.2010

Ein kleiner Schubs schafft Ordnung

Erste Beobachtung eines Quantenphänomens, bei dem durch eine beliebig schwache Störung aus ungeordneten Atomen eine wohl geordnete Struktur entsteht.

  

Erste Beobachtung eines Quantenphänomens, bei dem durch eine beliebig schwache Störung aus ungeordneten Atomen eine wohl geordnete Struktur entsteht.

Ausgehend von einem Bose-Einstein-Kondensat aus Cäsiumatomen bildeten Wissenschaftler am Institut für Experimentalphysik der Universität Innsbruck in einem optischen Gitter aus Laserlicht eindimensionale Strukturen. In diesen sogenannten Quantendrähten sind die einzelnen Atome nebeneinander aufgereiht und werden vom Laserlicht daran gehindert, aus der Reihe zu tanzen. Über ein externes Magnetfeld können die Physiker die Wechselwirkung zwischen den Atomen sehr präzise einstellen. Damit entsteht ein Labor für die Untersuchung sehr grundlegender physikalischer Fragen. "Denn Wechselwirkungseffekte äußern sich in niedrigdimensionalen Systemen wesentlich dramatischer als im dreidimensionalen Raum", erklärt Hanns-Christoph Nägerl. Solche Strukturen sind deshalb für die Physik von besonderem Interesse. In Festkörpern lassen sich Quantendrähte nur sehr schwer untersuchen, während ultrakalte Quantengase gut gegen Einflüsse der Umgebung abgeschirmt werden können. Dies eröffnet den Weg zu ganz neuen, grundlegenden Erkenntnissen über die Physik der Materie.

Abb.: Ultrakalte Atome in optischen Gittern: Bei schwacher Wechselwirkung zwischen den Teilchen (orange) befinden sich die Teilchen über das Gitter (weiß) verteilt in einem superfluiden Zustand, und es ist ein tiefes Gitterpotential nötig, um sie auf einzelne Gitterplätze zu pressen (hinten).

  Stoßen sich die Teilchen jedoch stark ab, so sind sie schon ohne Gitter passend angeordnet. Ein beliebig schwaches Gitter reicht dann aus, um die Teilchen an ihrem Ort festzuheften (vorn). (Bild: Uni Innsbruck)

Den Innsbrucker Physikern ist nun die Beobachtung des sogenannten "Pinning-Übergangs" von einem supraflüssigen Zustand (Luttinger-Flüssigkeit) in einen Zustand, in dem die Atome an einem Ort lokalisiert sind (Mott-Isolator), gelungen. In ihrem Experiment konnten sie zeigen, dass bei hinreichend starker Wechselwirkung der Atome das Anlegen eines zusätzlichen, beliebig schwachen optischen Gitters längs des Quantendrahtes ausreicht, um die zuvor ungeordneten Atome an ihrem Ort festzuheften ("pinning"). Die Atome sind dabei nahe an den absoluten Nullpunkt abgekühlt und befinden sich quantenphysikalisch in ihrem Grundzustand. "Es ist keine thermische Änderung, die diesen Phasenübergang bewirkt", betont der Wissenschaftler Elmar Haller. "Vielmehr sind die Atome bereits durch die starke, abstoßende Wechselwirkung vorbereitet und brauchen nur noch einen kleinen Schubs, um sich in dem optischen Gitter regelmäßig anzuordnen", erklärt er. Wird das optische Gitter wieder entfernt, springen die Atome erneut in den supraflüssigen Zustand.

Theoretisch bereits vorhergesagt

Das von den Experimentalphysikern erstmals beobachtete Phänomen wurde vor einigen Jahren von drei Theoretikern vorhergesagt, von denen zwei – Wilhelm Zwerger und Hans Peter Büchler – in der Vergangenheit auch an der Universität Innsbruck tätig waren. Die international beachtete Quantenhochburg Innsbruck bietet den Experimentalphysikern aus der Forschungsgruppe um Wittgenstein-Preisträger Rudolf Grimm mit der engen Kooperation von Theoretikern und Experimentalphysikern und der großen Dichte an hochqualifizierten Wissenschaftlern beste Rahmenbedingungen für ihre Forschung zu den Grundlagen der Physik.

Universität Innsbruck/PH

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