18.10.2018

Ein kosmischer Titan

Astronomen finden bislang größten Proto-Super­galaxien­haufen.

Ein Team von Astronomen unter der Leitung von Olga Cucciati vom italie­nischen Istituto Nazio­nale di Astro­fisica in Bologna hat mit dem VIMOS-Instru­ment am Very Large Tele­scope VLT der Europä­ischen Süd­stern­warte ESO einen gigan­tischen Proto-Super­haufen aus Galaxien identi­fi­ziert, der sich bereits 2,3 Milli­arden Jahre nach dem Urknall gebildet hat. Diese von den Forschern „Hyperion“ getaufte Struktur ist die bis­lang größte und masse­reichste Struktur, die so früh nach der Ent­stehung des Uni­ver­sums auf­ge­spürt wurde. Die enorme Masse des Proto-Super­haufens wird auf mehr als eine Billiarde Sonnen­massen geschätzt. Hyperion ähnelt den größten Struk­turen, die im heutigen Uni­ver­sum beob­achtet werden. Die Ent­deckung eines so gewal­tigen Objekts im frühen Uni­ver­sum ist aller­dings eine Über­raschung für die Astro­nomen.

Abb.: Ein internationales Astronomen­team hat mit dem VIMOS-Instru­ment des Very Large Tele­scope der ESO eine gewaltige Struktur im frühen Uni­ver­sum ent­deckt. (Bild: L. Calçada, ESO / O. Cucciati et al.)

„Es ist das erste Mal, dass eine so große Struktur bei einer derart hohen Rot­ver­schie­bung identi­fi­ziert wurde“, erklärt Cucciati. „Normaler­weise kennt man diese Art von Struk­turen bei niedri­geren Rot­ver­schie­bungen, also nach­dem das Uni­ver­sum viel mehr Zeit hatte, sich zu ent­wickeln und solch riesige Objekte zu bilden. Es ist eine Über­raschung, etwas der­art Ent­wickeltes zu sehen, als das Uni­ver­sum noch relativ jung war!“ Hyperion befindet sich im COSMOS-Feld in der Kon­stel­la­tion Sextans und wurde durch die Analyse der Daten des VIMOS Ultra Deep Survey identi­fi­ziert. Diese Durch­muste­rung stellt eine 3D-Karte der Ver­teilung von über 10.000 Galaxien im fernen Uni­ver­sum zur Ver­fügung.

Das Team fand heraus, dass Hyperion eine sehr komplexe Struktur hat, die min­des­tens sieben Regionen mit hoher Dichte ent­hält, die durch Fila­mente von Galaxien ver­bunden sind. Seine Größe ist ver­gleich­bar mit nahe­ge­legenen Super­haufen, obwohl er eine ganz andere Struktur hat. „Nahe gelegene Super­haufen neigen zu einer viel konzen­trier­teren Ver­tei­lung der Masse, mit deut­lichen struk­tu­rellen Merk­malen“, erklärt Team-Mitglied Brian Lemaux von der Uni­ver­sity of Cali­fornia in Davis. „Aber in Hyperion ist die Masse viel gleich­mäßiger über eine Reihe von zusammen­hän­genden Klumpen ver­teilt, die mit losen Gruppie­rungen von Galaxien bevölkert.“ Dieser Kontrast ist höchst­wahr­schein­lich auf die Tat­sache zurück­zu­führen, dass die Schwer­kraft in der Nähe von Super­haufen Milli­arden von Jahren Zeit hatte, Materie in dich­tere Regionen zu sammeln – ein Prozess, der in dem viel jüngeren Hyperion viel kürzer wirkte.

Angesichts seiner Größe zu einem so frühen Zeitpunkt in der Geschichte des Uni­ver­sums wird erwartet, dass sich Hyperion zu etwas Ähn­lichem ent­wickeln wird wie die riesigen Struk­turen im lokalen Uni­ver­sum, wie der Sloan Great Wall oder der Virgo-Super­haufen, der unsere eigene Galaxie, die Milch­straße, ent­hält. „Hyperion zu ver­stehen und mit ähn­lichen neuen Struk­turen zu ver­gleichen, kann Ein­blicke geben, wie sich das Uni­ver­sum in der Ver­gangen­heit ent­wickelt hat und wie es sich in Zukunft ent­wickeln wird. Das gibt uns die Möglich­keit, einige Modelle der Bildung von Super­haufen zu hinter­fragen“, so Cucciati. „Die Ent­deckung dieses kosmischen Titanen hilft, die Geschichte dieser großen Struk­turen zu ent­schlüsseln.“

ESO / MPIA / RK

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