Ein Kubikmeter Mars
Forscher testen den Marsmaulwurf in einer Box aus Sand.
Eine blaue Box, ein Kubikmeter marsähnlicher Sand, ein Stein, ein Modell des Marsmaulwurfs und ein Seismometer – das sind die Hauptbestandteile, mit denen das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt derzeit die Lage auf dem Mars simuliert. Nachdem der Marsmaulwurf, also das DLR-Instrument „Heat Flow and Physical Properties Package“, kurz HP³, nach seinem ersten Hämmern am 28. Februar nur etwa dreißig Zentimeter in den Marsboden vordringen konnte, analysieren die Planetenforscher und Ingenieure des DLR, wie es dazu kommen konnte und welche Maßnahmen Abhilfe schaffen könnten. „Wir untersuchen und testen verschiedene denkbare Szenarien, um so die Konstellation herauszufinden, die auf dem Mars zum Stoppen unseres Maulwurfs geführt hat", erläutert Testleiter Torben Wippermann vom DLR-Institut für Raumfahrtsysteme in Bremen. Die Basis für die Arbeit der Wissenschaftler: Einige Fotos, Temperaturdaten, Daten des Radiometers sowie Aufzeichnungen des französischen Seismometers während eines kurzen Probehämmerns am 26. März.
Eigentlich hatte nach dem Aufsetzen des Landers InSight der amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA alles besser ausgesehen als erwartet: Die Kamera des Landers zeigte zwar in einiger Entfernung zahlreiche Steine, die direkte Umgebung war allerdings erfreulich frei von Steinen und Geröll. Warum der Maulwurf nach seinem Aussetzen auf die Marsoberfläche sich zunächst zügig in den Untergrund hämmerte und sich dann nicht mehr weiter vorarbeiten konnte, wird nun per Ferndiagnose geklärt. „Es gibt verschiedene mögliche Erklärungen, auf die wir unterschiedlich reagieren müssen“, sagt Matthias Grott, Planetenforscher und HP³-Projektwissenschaftler. Eine der Erklärungen: Der Marsmaulwurf befindet sich in einem selbst geschaffenen Hohlraum und hat an den Seiten die erforderliche Reibung mit dem Sand verloren.
In Bremen wird daher nun mit einer weiteren Sorte Sand experimentiert. „Bisher haben wir mit einer marsähnlichen Sandsorte getestet, die nicht sehr kohäsiv ist", erläutert Wippermann. Dieser Sand stammt noch von früheren Tests, bei denen sich der Maulwurf in Vorbereitung auf die Mission in einer Fünf-Meter-Säule in die Tiefe hämmerte. Nun soll das Ersatzmodell des Maulwurfs in einer Box auf Sand treffen, der sich schnell verfestigt und in dem durch das Hämmern Hohlräume entstehen können. Im Sand deponieren die Wissenschaftler bei einigen ihrer Testläufe auch einen Stein mit einem Durchmesser von etwa zehn Zentimetern – ein solches Hindernis im Marsgrund könnte schließlich ebenfalls ein Grund dafür sein, dass das HP³-Instrument auf dem roten Planeten ausgebremst wurde. Bei allen Versuchen lauscht ein Seismometer auf die Tätigkeit des irdischen Maulwurfs. Bei einem diagnostischen kurzen Hämmern auf dem Mars hatte das französische Instrument SEIS ebenfalls die Erschütterungen aufgezeichnet, um mehr über den Schlagmechanismus des Maulwurfs zu erfahren und Rückschlüsse ziehen zu können. Der Vergleich der Daten hilft, sich der realen Situation anzunähern. „Im Idealfall können wir möglichst exakt die bisherigen Abläufe auf dem Mars rekonstruieren“, so Wippermann.
Haben die Wissenschaftler herausgefunden, was am 28. Februar in über 228 Millionen Kilometer Entfernung den Maulwurf aus dem Rhythmus gebracht hat, folgt der nächste Schritt: Mögliche Maßnahmen, wie man das Instrument weiter in den Boden vordringen lassen kann, müssen dann ebenso akribisch auf der Erde getestet und analysiert werden. Daher wurde auch bereits ein weiteres DLR-Modell des Maulwurfs zum Jet Propulsion Laboratory der NASA in die USA geschickt. Dort kann mit den Erkenntnissen der DLR-Forscher im Zusammenspiel von Maulwurf, HP³-Gehäuse und robotischen Arm geprobt werden, ob beispielsweise ein Anheben oder Verschieben der Außenstruktur zielführend ist. „Ich schätze, dass wir erst in einigen Wochen eine Aktion auf dem Mars ausführen werden“, sagt Grott. Erst wenn für die irdischen Maulwürfe eine Lösung gefunden wurde, wird die Pause für den Maulwurf auf dem Mars enden.
DLR / RK