23.12.2014

Ein Laser aus Luft

Eine Sequenz unterschiedlicher Laserpulse regt Luft zur Emission rückwärts gerichteter Strahlung an.

Laser sind hochempfindliche optische Geräte. Sie bestehen aus exakt aufeinander abgestimmten Bauteilen und benutzen exotische, optisch aktive Medien. Wie Forscher der Universität von Arizona nun zeigten, geht das auch wesentlich einfacher. Mit zwei aufeinanderfolgenden Laserpulsen brachten sie gewöhnliche Luft dazu, rückwärts gerichtete, laserartige Strahlung zu emittieren – und das im freien Raum, ohne jegliche Bauteile. Obwohl bisher nur unter Laborbedingungen demonstriert, verspricht die neue Methode interessante Anwendungen für atmosphärische Messungen aus großer Distanz.

Abb.: Nach der Dissoziation werden die Bestandteile der Luft über Zwei-Photonen-Prozesse angeregt (links). Die Pulse zur Dissoziation und zur Anregung erfolgen im Abstand von einigen Mikrosekunden. In ihrem gemeinsamen Fokus erzeugen sie die gerichtete, laserartige Strahlung. (rechts; Bild: A. Laurain et al.)

Streng genommen braucht ein Laser einen Resonator. Nur so bildet sich eine stehende Welle aus, die über stimulierte Emission einen kohärenten Strahl erzeugt. Fehlt der Resonator, spricht man dagegen von Superlumineszenz. Dabei verstärkt ein optisch aktives Medium spontan entstandenes Licht. „Echte“ Laser werden zwar auf diese Weise initiiert, während des Betriebs ist der Effekt jedoch unerwünscht, da er zu Leistungsverlusten führt.

Andere Systeme wiederum basieren genau auf diesem Prinzip. Beim Stickstofflaser etwa führen Hochspannungsentladungen quer zur Strahlrichtung zur Verstärkung eines Lichtpulses, der daraufhin den Laser sofort verlässt. Ein Resonator würde in diesem Fall gar keinen Sinn machen, da die Anregung der N2-Moleküle viel zu kurzlebig ist – der reflektierte Strahl würde keine angeregten Moleküle mehr vorfinden, die ihn weiter verstärken könnten. Auch der Stickstofflaser funktioniert mit atmosphärischer Luft, eine Anregung über Hochspannungsentladungen ist jedoch aus der Ferne nicht möglich.

Um Luft aus der Distanz zur Emission von gerichteter Strahlung anzuregen, gab es in den letzten Jahren eine Vielzahl von Ansätzen, die auf einer Anregung durch Laserlicht basieren. Ihr erklärtes Ziel ist es, spektroskopische Untersuchungen der Atmosphäre über große Entfernungen zu realisieren. Die gängige Methode, einen Laserstrahl in den Himmel zu richten und das zurückgestreute Licht zu analysieren, ist schon seit langer Zeit erfolgreich im Einsatz. Im einfachsten Fall kann man so über Laufzeit­messungen die Entfernung von Wolken und Aerosolen bestimmen. Komplexere Systeme, die mit mehreren Wellenlängen arbeiten, ermöglichen sogar eine Analyse der Zusammensetzung der Atmosphäre und werden etwa zur Überwachung der Umweltbelastung genutzt. Dennoch hat dieses Konzept einen entscheidenden Nachteil: Die Intensität des gestreuten Lichts nimmt mit dem Quadrat des Abstands ab. Bei Analysen von geringen Konzentrationen in großen Höhen stößt man deshalb schnell an die Grenzen der Nachweisbarkeit.

Die Erzeugung rückwärts gerichteter, laserartiger Strahlung in der Atmosphäre hätte das Potenzial, dieses Problem zu lösen. Bereits 2003 gelang es kanadischen Forschern, diese Art von Strahlung erstmals nachzuweisen. Sie erzeugten mit einem intensiven Laserpuls einen Plasmakanal in atmosphärischer Luft, der die spontane Fluoreszenz der Stickstoffmoleküle verstärkte. Der Kanal wirkte dabei wie ein Wellenleiter, der die Strahlung sowohl nach vorne als auch nach hinten lenkte. Die erreichten Intensitäten waren für praktische Anwendungen jedoch viel zu gering. 2012 wiederum sorgte eine internationale Forschergruppe mit einer deutlichen Erhöhung der Intensität für Aufsehen, für die sie jedoch eine spezielle Stickstoff-Argon Mischung benötigten.

Dem Team der Universität von Arizona rund um Alexandre Laurain scheint nun jedoch ein echter Durchbruch gelungen zu sein. Dabei machten sie sich eine besondere Art der Anregung von Stickstoff bzw. Sauerstoff zunutze, die in zwei Schritten erfolgt: Zuerst werden die Moleküle dissoziiert, dann erst folgt die eigentliche Anregung der einzelnen Atome. Letztere beruht auf einem Zwei-Photonen-Prozess und macht den Einsatz von UV-Strahlung erforderlich. „Eine Quelle für fernes UV-Licht zu finden, die genügend Energie bei ausreichender Stabilität liefert, war die größte Herausforderung“, sagt Laurain. Für die Dissoziation dagegen reichten Wellenlängen im Infrarotbereich. Anstatt also, wie in früheren Experimenten üblich, beide Prozesse mit ein und demselben Laserpuls zu induzieren, verwendeten die Forscher aufeinanderfolgende Pulse mit unterschiedlichen Wellenlängen. Im Fall von Stickstoff erzeugten sie auf diese Art rückwärts gerichtete Strahlung mit Energien von etwa 100 Nanojoule pro Puls – 200 mal mehr als sie durch Anregung mit nur einer Wellenlänge erreichen konnten. Für Sauerstoff verdreifachte sich die Energie auf etwa ein Mikrojoule.

Wie eine genauere Betrachtung des Prozesses zeigte, erzeugt der erste Anregungspuls einen Plasmakanal. Die dabei freigesetzten Elektronen dissoziieren die Luftmoleküle durch Stöße. Der zweite Puls, der die Atome anregt und somit die Strahlung einleitet, erfolgt deshalb erst im Abstand von einigen Mikrosekunden. Diese Zeit ist nötig, um die defokussierenden Effekte der freien Elektronen abklingen zu lassen. Der so erzeugte, rückwärts gerichtete Strahl weist eine Divergenz von etwa sechs Grad auf.

Obwohl die Forscher ihre neue Methode bisher nur im Labor und über kurze Distanz demonstriert haben, lassen die Ergebnisse auf erste praktische Anwendungen von Luft-Lasern hoffen. Eine Abschätzung auf Basis der Messungen ergibt eine Reichweite von mehreren Hundert Metern. „Konkrete Anwendungen müssen erst entwickelt werden“, so Pavel Polynkin. „Die Verfügbarkeit von entfernten, laserartigen Strahlungsquellen in der Luft wird sich aber sicher als nützliches Werkzeug für atmosphärische Messungen erweisen.“

Thomas Brandstetter

DE

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