17.10.2014

Ein Laser für Hawking-Strahlung

Akustisches schwarzes Loch produziert verstärkt Schallwellen.

Schwarze Löcher sind makroskopische Objekte, haben deshalb eine Temperatur und müssen Wärme­strahlung abgeben. Diese Hawking-Strahlung ist normaler­weise so schwach, dass sie in der kosmischen Hinter­grund­strahlung völlig untergeht. Deshalb versuchen Forscher, die Hawking-Strahlung nachzuweisen, die von künstlichen schwarzen Löchern abgegeben wird, die zum Beispiel Schallwellen einfangen können. Jetzt ist es gelungen, diese akustische Hawking-Strahlung laserartig zu verstärken und zu beobachten.

Abb.: Räumliche Autokorrelation der Schallwellen im Kondensat – zwischen dem schwarzen Horizont (BH) und dem weißen, inneren Horizont (IH) sind deutlich Schall­wellen zu sehen. Darüber hinaus sind auch die Anzeichen von Hawking-Strahlung (HR) zu erkennen. (Bild: J. Steinhauer / NPG)

Die Hawking-Strahlung sollte am Horizont eines schwarzen Lochs entstehen, der den Bereich umschließt, aus dem es selbst für  Licht kein Entrinnen mehr gibt. Vereinfacht gesprochen entstehen durch das Quanten­rauschen in der Nähe des Horizonts fortwährend virtuelle Teilchen­paare – zumeist Photonen –, die sogleich wieder vergehen. Doch gelegentlich werden die beiden Teilchen eines solchen Paares voneinander getrennt und damit real beobachtbar, indem das eine Teilchen dem schwarzen Loch entkommt, während das andere hinein­stürzt.

Damit die Hawking-Strahlung entstehen kann, braucht es also einen Horizont, innerhalb dessen sich die Lichtwellen langsamer ausbreiten als das Ausbrei­tungs­medium – z. B. der leere Raum – von diesem Horizont zurück­weicht. Vor vier Jahren hatten italienische Forscher mit Mitteln der nicht­linearen Optik in einem Glasblock solch einen Horizont erzeugt und die von ihm abgegebene Strahlung als Hawking-Strahlung interpretiert. Inzwischen überwiegen jedoch die Zweifel an dieser Interpretation.

Der Horizont eines (künstlichen) schwarzen Lochs lässt sich auch für andere Wellen produzieren, etwa für Ober­flächen­wellen auf strömen­dem Wasser oder Schallwellen in einem bewegten Medium. Im „Überschall­bereich“, in dem sich das Medium schneller bewegt als sich die Wellen ausbreiten, werden diese mitgerissen. An der stromauf gelegenen Grenze dieses Bereichs, wo Ausbreitungs- und Strömungs­geschwin­digkeit übereinstimmen, bildet sich der unerreichbare Horizont eines künstlichen schwarzen Lochs. An diesem Horizont sollten Wellen entstehen, die der Hawking-Strahlung entsprechen.

An der stromab gelegenen Grenze des „Überschallbereichs“, wo die beiden Geschwin­digkeiten wieder gleich sind, tritt ein „innerer“ Horizont auf, den die Wellen zwar erreichen aber nicht passieren können. Es ist der Horizont eines weißen Loches, in das nichts hinein­fallen kann. Bei künstlichen schwarzen Löchern entstehen diese beiden Horizonte immer gemeinsam. So auch in dem Exemplar, das Jeff Steinhauer vom Technion in Haifa hergestellt hat. Es bestand aus einem Bose-Einstein-Kondensat aus Rubidium-87-Atomen, in dem sich Schall­wellen ausbreiten konnten.

Ein Laserstrahl und ein Magnet­feld hielten das Kondensat fest und es nahm die Form eines Stäbchens an, das nur in einer Raumdimension eine merkliche Ausdehnung aufwies. Ein zweiter, quer zum Kondensat gerichteter Laserstrahl, dessen Gaußsches Inten­sitäts­profil halb abgeblendet war, wurde durch das Kondensat bewegt. Der Laserstrahl zog die Atome an und setzte sie in Bewegung. Daraufhin strömte das Kondensat in einem bestimmten Bereich mit einer Geschwindigkeit, die größer war als die dortige Schallgeschwindigkeit. Es bildeten sich zwei Horizonte, der eines schwarzen und der eines weißen Loches, die in bemerkenswerter Weise zusammenspielten.

Zuerst entstand am „schwarzen“ Horizont spontan akustische Hawking-Strahlung, die nach außen abgegeben wurde, aber zunächst noch zu schwach war, als dass man sie hätte nach­weisen können. Der in das schwarze Loch fallende Teil der Hawking-Strahlung bewegte sich bis zum „weißen“ Horizont, an dem er reflektiert und zugleich verstärkt wurde. Er lief dann gegen den „schwarzen“ Horizont an und löste dort weitere Hawking-Strahlung aus – das Spiel konnte von neuem beginnen. Bei jeder Runde verstärkte sich der Teil der Hawking-Strahlung, der im Bereich zwischen den beiden Horizonten gefangen war. Dies führte zu einem exponen­tiellen Anwachsen der Schall­wellen­amplituden in diesem Bereich, ähnlich der Zunahme der Licht­intensität in einem Laser.

Abb.: Ein Laserstrahl, der durch ein Bose-Einstein-Kondensat gezogen wird, setzt dieses örtlich in Über­schall­bewegung. Dadurch entstehen zwei Hori­zonte, zwischen denen sich selbst­verstär­kende Schall­wellen bilden. (Bild: G. Modugno / NPG)

Jeff Steinhauer machte die schnell anwach­senden Schall­wellen sichtbar, indem der das Kondensat mit Licht bestrahlte und eine Phasen­kontrast­abbildung durch­führte. Demnach verdrei­fachte sich die Schall­intensität bei jedem Rundlauf der zwischen den beiden Horizonten gefangenen Hawking-Strahlung. Ihre laser­artige Verstär­kung machte die von ihr ausgelöste „freie“ Hawking-Strahlung immer intensiver, sodass Steinhauer sie ebenfalls nachweisen konnte. Die Phasen­kontrast­abbildung zeigte, wie sich im Kondensat vom „schwarzen“ Horizont ausgehend Schall­wellen stromauf ausbreiteten, also vor dem bewegten Laserstrahl.

Vielleich könnte auch bei einem „echten“ schwarzen Loch das strahlungs­verstärkende Zusammen­spiel eines schwarzen und eines weißen Horizonts die abgegebene Hawking-Strahlung bis auf eine beobacht­bare Intensität verstärken. Solch ein weißer Horizont könnte zum Beispiel in einem elektrisch geladenen schwarzen Loch auftreten. Die Experimente mit dem akustischen schwarzen Loch erlauben detail­lierte Einblicke in sein Inneres, die dann mit den bestehenden Theorien verglichen werden können. So wäre es interessant zu untersuchen, ob die innere und die äußere Hawking-Strahlung quanten­mechanisch verschränkt sind und ob Infor­mation aus dem schwarzen Loch entweichen kann.

Rainer Scharf

OD

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