Mit einem Innenvolumen von 1400 m³ ist das ITER-Vakuumgefäß einzigartig. Es kann ein Plasma von 840 m³ aufnehmen und ist damit zehnmal größer als der größte Tokamak, der heute in Betrieb ist. Das ITER-Vakuumgefäß wird einen Außendurchmesser von 19,4 Metern haben und 11,4 Meter hoch sein. Mit dem Einbau von Komponenten innerhalb der Kammer, wie z. B. dem Blanket und dem Divertor, erhöht sich das ursprüngliche Gewicht der Anordnung von etwa 5.200 Tonnen insgesamt auf 8.500 Tonnen. Bei diesen Ausmaßen wird der Zusammenbau des Rezipienten mit Spannung verfolgt.
Am 11. Mai – nur wenige Tage vor dem zu frühen Tod von ITER-Generaldirektor Dr. Bernard Bigot – wurde die erste Untereinheit der ITER-Plasmakammer erfolgreich aus den Vorrichtungen gehoben und in das Maschinengehäuse abgesenkt. Ein spektakulärer Vorgang: Das schiere Gewicht des Bauteils – samt Aufhängung sind es 1.380 Tonnen – lastete die nominellen Hubkapazität von 1.500 Tonnen des doppelten Brückenkrans in der ITER-Montagehalle fast aus. Die mehrfache Aufhängung, die zu der ohnehin schon hohen Last hinzukam, ließ den Kranführern einen Spielraum von nur 20 cm Abstand zur Betonwand der Montagehalle. Die Teams hielten die millimetergenauen Toleranzen bei der Positionierung eines Bauteils ein, das sechs Stockwerke hoch aufragt und so viel wiegt wie vier voll beladene Boeing 747.
Das erste so positionierte innere Segment der ITER-Maschine stellt ein Neuntel der toroidalen Plasmakammer dar. Es handelt sich um eine modulare Baugruppe, die aus einem 40°-Vakuumgefäßsektor mit silberbeschichteten Hitzeschilden und zwei D-förmigen vertikalen supraleitenden Elektromagneten, den toroidalen Feldspulen, besteht. Acht weitere vergleichbare Baugruppen werden die gesamte Kammer und den sie umgebenden Toroidfeldspulenaufbau bilden.
Das ITER-Team hatte sich seit vielen Monaten aktiv auf diese wichtige Aktion vorbereitet. Die Herstellung des Segments erfolgte zwischen April und Dezember 2021 auf speziellen Vorrichtungen in der ITER-Montagehalle. Die Komponenten wurden zunächst auf einer eigens angepassten aufrichtenden Halterung in die Senkrechte gehoben und auf ein stehendes Werkzeug gesetzt, das in der Lage ist, den Vakuumgefäßsektor in der Mitte anzudocken und die anderen Komponenten auf seinen Flügeln zu drehen. Spezielle Befestigungselemente, die den Schwerpunkt der Last und die Drehung des Bauteils steuern können, um es mit den bereitstehenden Stützen in der Tokamak-Grube auszurichten, wurden sowohl einzeln als auch im Tandem getestet. Eine Woche zuvor überprüften die Montageteams in einem umfassenden Pre-Lift-Test alle Abläufe.
Fünf der sieben nationalen ITER-Agenturen (Domestic Agencies), die im Auftrag der jeweiligen Regierungen der Beschaffungsverantwortung ihres Landes im Projekt nachkommen, waren an dem erfolgreichen Meilenstein beteiligt. Der Vakuumgefäßsektor Nr. 6, der im Mittelpunkt der Montage stand, und die dazugehörige thermische Abschirmung wurden von der Koreanischen Domestic Agency produziert und geliefert. Indien stellte die Abschirmung innerhalb der Doppelwände des Sektors her, Russland lieferte den oberen Anschluss, und die Toroidalfeldspulen (TF12 und TF13) stammen aus Japan. Korea entwarf und baute auch das Aufrichtwerkzeug, die riesigen Werkzeuge für die Untermontage des Sektors, die Hebevorrichtung, die sich am nächsten an der Last befindet, und das Säulenwerkzeug in der Grube, das den Vakuumbehälter während des Schweißens stützt, während Europa die Brückenkräne und die Vorrichtung für das Zusammenwirken aller Kräne lieferte. Vor Ort wurden die Arbeiten vom Bauteam der ITER-Organisation und dem beauftragten Unternehmen Momentum koordiniert und von dem für die Tokamak-Montage zuständigen Unternehmeskonsortium Dynamic SNC, dem Kranbetreiber Foselev mit Unterstützung von Messtechnikern ausgeführt.
Seit Mai 2020 setzen die ITER-Montageteams den Reaktor zusammen. Erfolgreiche neue Vorgänge – wie jetzt die Positionierung des Kammersegments – bestätigen die Planungsannahmen und senken das Risiko für vergleichbare Operationen in der Folgezeit. So wird dieser Erfolg dann auch in der gesamten ITER-Gemeinschaft als ein wichtiger Meilenstein der Montage gefeiert, der das Projekt dem ersten Plasma einen weiteren Schritt näherbringt.
Zunächst hängt das Bauteil noch etwa 50 Zentimeter über seinen endgültigen Halterungen in der Montagegrube, während das Montageteam die letzten Positionierungsarbeiten durchführt. Anschließend wird es auf die Halterungen herabgelassen und kommt nach einer langen komplexen Reise in seinem „zu Hause“ an.
Wenn wie geplant Ende 2025 in der fertigen Vakuumkammer das Fusionsplasma gezündet wird, soll ITER die wissenschaftliche und technologische Machbarkeit dieser Art der Energiegewinnung demonstrieren. In der größten experimentelle Fusionsanlage der Welt werden dann – wie im Innern der Sonne und andere Sterne – leichte Atomkerne unter Freisetzung enormer Energiemengen miteinander verschmelzen und die Entwicklung einer sicheren, reichlich vorhandenen und umweltverträglichen Energiequelle vorantreiben. ITER ist auch die erste globale Zusammenarbeit dieser Art. Als Gastgeber des ITER-Projekts profitiert Europa am meisten von den wirtschaftlichen Auswirkungen des Vorhabens und stemmt daher mit 45 % den größten Anteil der Projektkosten (einschließlich fast aller Gebäude am Standort in Saint-Paul-lez-Durance im Süden Frankreichs), während die anderen sechs Mitglieder dieses internationalen Gemeinschaftsprojekts (China, Indien, Japan, die Republik Korea, die Russische Föderation und die USA) zu gleichen Teilen zu den restlichen Kosten beitragen.
ITER / LK
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