Ein Puls, zwei Schwingungen
Ein nicht-linearer Schwingungseffekt in Festkörpern könnte einen neuartigen elektrischen Schaltmechanismus ermöglichen.
Kristalle aus polaren Bausteinen – etwa aus Metallen und Sauerstoff – lassen sich mit infrarotem Licht zu Schwingungen anregen: Die Atome können in verschiedenen Richtungen periodisch ihren Abstand ändern, etwa nach oben und unten oder seitwärts, und sie haben zahlreiche Möglichkeiten sich zu verdrehen. Aber: Licht einer Energie oder Farbe stößt gewöhnlich nur eine dieser Schwingungsmöglichkeiten an.
Einem internationalen Team um Wissenschaftler der Max-Planck-Forschungsgruppe für strukturelle Dynamik an der Universität Hamburg ist es nun gelungen, in einem Metalloxid mit einem sehr intensiven Infrarot-Laser zwei Kristallschwingungen auszulösen. Da der Laserpuls sehr stark war, zog die von ihm ausgelöste, resonante Vibration eine Raman-Schwingung nach sich. Der nicht-lineare Effekt, der die Kopplung der beiden Schwingungen ermöglicht, heißt ionische Raman-Streuung und wurde bereits vor 40 Jahren theoretisch vorausgesagt. Bis vor kurzem gab es jedoch keine Laser, die stark genug waren, ihn zu bewirken.
Ein Infrarot-Puls, zwei Schwingungen: Das intensive Laserlicht regt in einer Manganoxid-Keramik eine infrarot-aktive Streckschwingung resonant an. Da die Auslenkung dieser Anregung sehr groß ist, werden durch den nichtlinearen Prozess der ionischen Raman-Streuung weitere Schwingungszustände wie etwa Rotationsschwingungen stimuliert. (Quelle: Jörg Harms / CFEL)
Die Wissenschaftler verwendeten für das Experiment Lanthanstrontiummanganat, das aus Oktaedern besteht, die mit ihren Spitzen aufeinander stehen, aber leicht gegeneinander verkippt sind. Der intensive Infrarot-Puls stößt eine Schwingung an, bei der die übereinander getürmten Oktaeder auseinandergezogen werden. Die große Auslenkung dieser Schwingung durch die resonante Anregung zieht die zweite Schwingung mit anderer Symmetrie mit. Bei dem Experiment drehten sich jeweils zwei übereinander getürmte Oktaeder im entgegengesetzten Drehsinn um ihren gemeinsamen Berührungspunkt.
Die Hamburger Physiker erhoffen sich von ihren Erkenntnissen auch einen praktischen Nutzen. Durch die ionische Raman-Streuung könnte es möglich sein, Metalloxide zwischen einem elektrisch isolierenden und einem leitenden Zustand hin und her zu schalten.
MPG / AH