06.11.2019

Ein Quantenknoten aus Diamant

Nanophotonisches Quantenbit nutzt Silizium-Fehlstellen-Zentren in einer Diamantstange.

Sowohl für die Quanten­kommunikation als auch für die Verbindung von Quanten­rechnern zum verteilten Quantencomputing sind leistungsfähige Knotenpunkte von entscheidender Bedeutung. Um verschiedene Komponenten in einem solchen Quanten­netzwerk miteinander zu verbinden, sind zusammen­geschaltete Qubits mit möglichst langer Kohärenz­zeit vonnöten. Dazu sollten sich die Knotenpunkte leicht mit optischen oder infraroten Photonen ansprechen lassen, wie sie für die Kommunikation in Glasfaser­netzen genutzt werden.

 

Abb.: In der grau einge­zeichneten Nano­kavität sorgen die in Diamant...
Abb.: In der grau einge­zeichneten Nano­kavität sorgen die in Diamant einge­betteten Silizium-Fehlstellen-Zentren für eine starke Kopplung mit Licht. (Bild: C. T. Nguyen et al. / A. Stonebraker / APS)

Als effiziente Verbindung haben sich dabei nano­photonische Lösungen erwiesen. Diese profitieren davon, dass die Wechsel­wirkung von Licht mit den Qubits besonders stark wird und sich der mögliche Datendurchsatz erhöht, wenn die Lichtwellen räumlich in den Nano­strukturen konzen­triert werden. Außerdem lassen sich nanophotonische Komponente gut in integrierten Chips unterbringen, was den Einsatz in großen Netzwerken erleichtert. Allerdings hatten bisherige Lösungen immer nur einen Teil der Anfor­derungen an einen Quanten­knoten erfüllen können und nie alle zugleich. Ein Forscherteam um Mikhail Lukin von der Harvard University hat nun aber einen Quantenknoten vorgestellt, der auf Silizium-Fehlstellen-Zentren in Diamant basiert und sich als wichtiger Schritt auf dem Weg zu künftigen Quanten­netzwerken erweisen könnte.

Die Schwierigkeit darin, einen Quanten-Netzwerk­knoten herzustellen, liegt darin, dass dieser drei unter­schiedliche Eigenschaften aufweisen muss. Er muss einerseits leicht auszulesen und zu beschreiben sein, sollte darüber hinaus möglichst effizient mit Licht wechsel­wirken und sich außerdem gut an einen langlebigen Quantenspeicher koppeln lassen. So ist bisher zwar schon gelungen, gefangene Ionen oder Atome gut an einfallende Photonen zu koppeln. Allerdings lassen sich diese Systeme schwieriger auf nano­photonischen Chips in Serien­fertigung unterbringen als Lösungen mit Festkörpern, wie etwa Diamanten mit Fehlstellen-Zentren. Auch haben sich bisherige Quantenknoten schlecht mit einem langlebigen Quanten­speicher verknüpfen lassen, der ein Register aus mehreren Qubits enthält. 

In einem größeren Quanten­netzwerk sollten derartige Register mehrere Qubits beinhalten, die der Reihe nach ausgelesen und wieder beschrieben werden. Dies benötigt eine gewisse Zeit. Die bisher favo­risierten Stickstoff-Fehl­stellen-Zentren (NV-Zentren, nitrogen vacancy centers) in Diamant haben zwar lange Kohärenz­zeiten. Erst kürzlich haben Forscher der Universität Delft ein solches Quanten­register mit zehn Qubits und einer Speicherdauer von knapp einer Minute herstellen können. Solche NV-Zentren lassen sich aber nur schwer in einem nano­photonischen Chip so integrieren, dass sie in deter­ministischer Weise mit einfallenden Photonen wechsel­wirken.

Deshalb haben die Forscher um Lukin sich Silizium-Fehl­stellen-Zentren zugewandt. Bei diesen SiV-Zentren ersetzt genau wie bei NV-Zentren ein Fremdatom zwei Kohlenstoff­atome im Diamant­gitter. Die Fehlstelle weist ein Elektron auf, dessen Spinzustände als Qubit dienen. Dabei besitzen die SiV-Zentren im Gegensatz zu NV-Zentren eine Inve­rsionssymmetrie, die den Elektronen­spin besonders unempfindlich gegenüber Rauschen macht. Die Forscher haben diese SiV-Zentren in eine einige Mikrometer lange und einige hundert Nanometer dünne Diamant­stange implantiert. Die Stange wies zudem in regelmäßigen Abständen Löcher auf, um eine bestimmte Lichtmode zuzulassen, die über eine Glasfaser in die Diamant­stange eingekoppelt wurde. Die Forscher konnten den Quanten­zustand mit hoher Güte in einer einzigen Messung auslesen.

Um den Photonen­zustand zuverlässig auf den Elektronen­spin zu übertragen, sind allerdings sehr tiefe Temperaturen notwendig. Denn während der Übertragung und Speicherung muss der Elektronen­zustand kohärent bleiben. Die Experimente fanden deshalb bei Temperaturen unter 500 Millikelvin statt, was eine aufwändige Kühlung erforderte. Die Forscher gehen allerdings davon aus, dass – eventuell mit einem anderen Element als Fehlstellen­material – auch Temperaturen von über einem Kelvin möglich sein könnten. 

Besonders interessant am Experiment waren die Techniken zur Erhöhung der Speicherdauer. Zunächst betrug diese lediglich zwanzig Mikro­sekunden. Die Wissen­schaftler konnten diese aber auf rund eine Millisekunde strecken, indem sie mit speziellen Mikrowellenpulsen das externe magnetische Rauschen unterdrückten. Eine weitere deutliche Erhöhung gelang den Forschern dadurch, dass sie den Zustand auf den Kernspin eines benach­barten Kohlenstoff-13-Atoms übertrugen. Dadurch entstand ein Register aus zwei Qubits mit einer Kohärenz­zeit von 200 Millisekunden. 

Dabei konnten die Forscher aber noch keine hohe Güte bei der Übertragung des Zustands auf den Kohlenstoff­kern erreichen. Außerdem fanden die Experimente zur Kopplung von Photonen und Elektronen in den SiV-Zentren sowie von Elektronen an die Kernspins im Register in unter­schiedlichen Versuchs­reihen statt – wenn auch am selben Versuchsaufbau. Um eine Gesamt­kopplung von Photonen ans Register zu erreichen, müsste zunächst die Übertragungs­güte gesteigert werden, so dass hier trotz der interes­santen Ergebnisse noch einiges an Forschungs­arbeit zu erwarten ist.

Dirk Eidemüller

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