21.04.2021 • MaterialwissenschaftenEnergie

Ein- und Auswanderung von Gastatomen in nanoporöser Speicherstruktur direkt beobachtet

Arbeit legt Grundlagen für neue Einblicke in Energiematerialien.

Batteriematerialien, neuartige Katalysatoren und Speichermaterialien für Wasserstoff haben eine Gemeinsamkeit: Sie besitzen häufig eine Struktur aus winzigen Poren im Nanometerbereich. Diese Poren bieten Platz für Gastatome, Ionen oder Moleküle, dabei können sich ihre Eigenschaften durch den Einschluss in die Poren dramatisch verändern. Für innovative Energiematerialien sind die Prozesse in den Poren oft entscheidend, aber erst im Ansatz verstanden.

Abb.: Aus den Mess­daten konnte das Team ermitteln, dass sich die Xenon-Atome...
Abb.: Aus den Mess­daten konnte das Team ermitteln, dass sich die Xenon-Atome zunächst einlagig die Innen­wände der Poren aus­kleiden (Zustand 1), bevor sie sie auf­füllen (Zustand 2). Der Röntgen­strahl dringt hier von unten durch die Probe. (Bild: M. Künsting, HZB)

Insbesondere ließ sich bisher zwar die Porenstruktur der Trägermaterialien durch gängige Röntgenstreumethoden gut charakterisieren. Dabei blieb jedoch verborgen, wie sich die Fremdatome genau einlagerten, und welche Morphologie oder Struktur sie dabei bildeten. Um das zu klären, hat ein Team vom Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie zusammen mit Kollegen der Uni Hamburg, der PTB und der Humboldt-Universität zu Berlin an der PTB-Röntgen-Beamline von BESSY II erstmals zwei verschiedene Röntgenmethoden mit einem Gasadsorbtionsprozess kombiniert. Damit gelang es ihnen, gezielt nur die Nanostruktur des Füllmaterials sichtbar zu machen, und zwar sowohl während der Auffüllung der Poren als auch während ihrer Entleerung.

Die Forscher testeten das Verfahren an einem Modellsystem aus nanoporösem Silizium. In einer speziell angefertigten Physisorptions-Zelle unter kontrollierten Bedingungen wurde das Edelgas Xenon mit der Siliziumprobe in Kontakt gebracht. Die Probe untersuchten sie simultan mit Anomaler Röntgen-Kleinwinkelstreuung und Röntgenspektroskopie. Dabei wird die Energie des Röntgenstrahls in der Nähe der Röntgenabsorptionskante der Xenon-Atome variiert.

Das Team konnte so Schritt für Schritt erfassen, wie Xenon in die Poren einwandert, und beobachten, dass die Atome zunächst eine einatomare Lage an den inneren Oberflächen der Poren bilden. Danach werden weitere Lagen angebaut, bis die Poren gefüllt sind. Dabei lassen sich Füllung und Entleerung strukturell unterscheiden.

„Mit konventioneller Röntgenstreuung sieht man nur das poröse Material und die gefüllten Bereiche gemeinsam, sodass die Beiträge der Füllstoffe bei hoher Füllung kaum sichtbar sind“, sagt Eike Gericke vom HZB. „Das haben wir verändert, indem wir anomale Röntgen-Kleinwinkelstreuung genutzt und an der Röntgenabsorptionskante von Xenon gemessen haben. An dieser Kante ändern sich die Wechselwirkungen zwischen Xenon und dem Röntgenstrahl, so dass wir das Füllmaterial Xenon mathematisch extrahieren können.“

„Wir haben damit erstmals direkten Zugang zu einem Bereich, über den man zuvor nur Vermutungen anstellen konnte“, ergänzt Armin Hoell vom HZB. „Die Anwendung der Kombination dieser beiden Röntgenmethoden auf den Prozess macht es nun möglich, das Verhalten von eingeschlossener Materie in Nanostrukturen experimentell zu beobachten. Das ist ein neues, mächtiges Werkzeug, um auch tiefere Einblicke in Batterieelektroden, Katalysatoren oder Wasserstoff-Speichermaterialien zu gewinnen.“

HZB / RK

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