Ein universelles Spin-Modell
Einfache Spin-Modelle können sämtliche Phänomene der klassischen Physik reproduzieren.
Spin-Systeme modellieren die Wechselwirkungen zwischen den Teilchen, aus denen ein Stoff besteht, in einer sehr vereinfachten Weise. In der einfachsten Variante kann jeder Spin nur in einem von zwei möglichen Zuständen sein, entweder aufwärts oder abwärts gerichtet. Die Wechselwirkung zwischen benachbarten Teilchen führt dazu, dass sie sich entweder parallel oder entgegengesetzt ausrichten. Dieses Modell ist nach dem Physiker Ernst Ising benannt, der es 1924 in seiner Doktorarbeit untersuchte.
Abb.: Universelle Modelle enthalten sämtliche Spin-
Gemma De las Cuevas vom MPI für Quantenoptik und Toby Cubitt vom University College London haben jetzt erstmals gezeigt, dass einfache Spin-
„Modelle in unterschiedlichen Dimensionen oder mit unterschiedlichen Symmetrien weisen ein sehr unterschiedliches physikalisches Verhalten auf. Unsere Untersuchungen zeigen, dass alle diese Unterschiede verschwinden, wenn man Modelle mit variablen Kopplungsstärken betrachtet, da sie alle äquivalent zu universellen Modellen sind“, sagt De las Cuevas. Frühere Arbeiten von De las Cuevas und anderen hatten bereits gezeigt, dass in Bezug auf thermodynamische Eigenschaften in komplizierteren Modellen Ähnliches passiert. Wie die neue Arbeit zeigt, gilt dieses Ergebnis für die gesamte klassische Physik und für viel einfachere Modelle. Indem die zu Grunde liegende Physik mit der Komplexitätstheorie verbunden wird erklären die Ergebnisse auch, woher die Universalität kommt, und sie definieren genau, welche Modelle universell sind und welche nicht.
„Einen Computerwissenschaftler werden diese Ergebnisse vielleicht nicht überraschen, weil er mit der Vorstellung vertraut ist, dass universelle Computer prinzipiell alles simulieren können, sogar andere Computer“, sagt Cubitt. Das Auftauchen eines ähnlichen Phänomens in der Physik sei allerdings überraschend. „Es handelt sich dabei keineswegs um das gut bekannte Phänomen der Universalität in der statistischen Physik. Universalität erklärt hier, warum sich verschiedene mikroskopische Modelle gleich benehmen. Unsere universellen Modelle sind gewissermaßen sogar das Gegenteil: Sie können ganz unterschiedliche Eigenschaften, sogar jede prinzipiell mögliche, annehmen.“
Spin-Modelle werden nicht nur in der Physik verwendet. Sie modellieren vielmehr viele andere komplexe Systeme, wie neuronale Netzwerke, Proteine oder soziale Netzwerke. All diese Systeme kann man vereinfacht mit Hilfe von Objekten – Neuronen, Aminosäuren oder Personen – beschreiben, die miteinander verbunden sind und sich gegenseitig beeinflussen. Die neuen Ergebnisse könnten es also ermöglichen, auch für diese Systeme ein tieferes Verständnis zu entwickeln.
MPQ / RK