Einblick in die Dynamik der Photodissoziation
Mit extrem kurzen Laserpulsen beobachten Physiker den durch Licht verursachten Zerfall von Molekülen.
Welche Pfade schlagen Valenzelektronen bei der Lichtspaltung eines Moleküls ein? Diese Frage beantworteten Physiker bisher mit komplexen Berechnungen der Molekülorbitale. Nun beobachtete ein internationales Forscherteam diese dynamischen Prozesse erstmals direkt. Mit extrem kurzen Laserpulsen analysierten sie das Verhalten der Elektronen bei der Photodissoziation von Stickstoffdioxid (NO2). Ihre Methode hat das Potenzial, zahlreiche Phänomene – von der Photosynthese über die molekularen Abläufe beim Sehen bis zur UV-Stabilität von Erbgutsträgen – besser verstehen zu können.
Abb.: Die Potentialniveaus bei der Photodissoziation von NO2-Molekülen sind angestellt, die Schwingungen der Elektronenwolke sind über die Emission von Attosekunden-Pulsen (violette Wellen) beobachtbar. (Bild: Wörner et al., Science)
Spaltet Licht ein NO2-Molekül in Stickstoffmonoxid und ein Sauerstoffatom, durchlaufen die beteiligten Elektronen mehrere Anregungsstadien. Die Wissenschaftler von den Universitäten in Bordeaux, Toulouse, Ottawa und Zürich regten dazu einen NO2-Gasstrahl mit Femtosekunden-Pulsen eines Lasers bei 400 Nanometer Wellenlänge an. Die Potentiale des Moleküls im Grundzustand und im angeregten Zustand nähern sich dabei an einem konischen Übergang so nah an, dass ein angeregtes Elektron in den Grundzustand wechseln kann ohne Energie freizusetzen. Die Energie der Elektronen wandelt sich dabei in Vibrationsenergie des Atomkerns um. Genau dieses Verhalten ist von großer Bedeutung für den lichtinduzierten Spaltungsprozess.
„Der Vorteil der Spektroskopie der hoch-harmonischen Zustände ist sehr empfindlich für die elektronische Struktur“, sagt Hans Wörner, Erstautor der aktuellen Studie. Bei diesem Verfahren wird zuerst ein Elektron mit intensiven Femtosekunden-Pulsen aus dem Molekül geschlagen. Im Laserfeld wird das Elektron beschleunigt und wird darauf wieder in ein Molekülorbital eingefangen. Der dabei ausgesendete, einige Attosekunden kurze Lichtpuls im extrem ultravioletten Spektralbereich kann mit Detektoren nachgewiesen und analysiert werden. „Das ist ein sehr kurzer Lichtblitz, der einen Schnappschuss der elektronischen Struktur des Moleküls enthält“, erklärt Wörner.
In ihren Versuchen zeichneten die Forscher nun mehrere dieser Schnappschüsse auf. Sie lieferten ein genaues Bild von den elektronischen Prozessen und Molekülschwingungen während der schnellen Photodissoziation des NO2-Moleküls. Diese Vorgänge ließ sich bisher nur berechnen und die Versuche zeigten eine große Übereinstimmung mit diesen theoretischen Vorhersagen.
Die Lichtspaltung des einfach aufgebauten NO2 ist prinzipiell ein recht gut verstandener Prozess. Doch bei größeren Molekülen stoßen die Rechenmöglichkeiten an ihre Grenzen. Genau hierfür könnte die Spektroskopie-Methode von Wörner und Kollegen eine große Bedeutung erlangen. Besonders photochemische Reaktionen biologischer Systeme – wie die Photosynthese im Chlorophyll – ließe sich in Zukunft genauer analysieren und könnte so den Schlüssel für eine effiziente Künstliche Photosynthese für die Energiegewinnung aus Sonnenlicht liefern.
Jan Oliver Löfken
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Weiterführende Literatur
OD