16.12.2016

Eine Eisdecke auf Ceres

Raumsonde Dawn findet in den höheren Breiten­graden des Zwerg­planeten große Mengen an Wasser­eis.

Seit bald zwei Jahren umkreist die Raumsonde Dawn den Zwerg­planeten Ceres. Im Jahr 2007 gestartet, erreichte Dawn nach einem Swing-by-Manöver am Mars im Juli 2011 den Aste­roiden Vesta und kam im März 2015 dann bei Ceres an. Die Umlauf­bahn war zunächst sehr hoch, um eine voll­ständige Karto­graphie­rung von Ceres zu gewähr­leisten. Mit dem Ende der Primär­mission senkten die Opera­teure die Flug­höhe schritt­weise bis auf 380 Kilo­meter. In dieser geringen Höhe sind nicht nur höhere Auflö­sungen möglich. Die Wissen­schaftler konnten nun auch den Gamma Ray and Neutron Detector GRaND nutzen. Damit konnten sie insbe­sondere beginnen, die chemische Zusammen­setzung von Ceres' Ober­fläche zu bestimmen. Ceres ist mit einem Äquator­durch­messer von 963 Kilo­metern der größte Himmels­körper im Aste­roiden­gürtel und zugleich der kleinste unter den Zwerg­planeten.

Abb.: Die Verteilung von Wassereis auf Vesta und Ceres unter­scheidet sich zwischen Polen und Äquator deut­lich. (Bild: T. H. Pretty­man & N. Yamashita, PSI)

Mit Dawns optischem und Infrarot-Spektrometer VIR ließen sich bereits einige Stoffe auf der Ober­fläche von Ceres nach­weisen, die offen­sicht­lich chemische Prozesse in Kontakt mit Wasser durch­gemacht hatten. So fanden Wissen­schaftler dort ammoniak­haltiges Ton­gestein, Serpentin und Karbo­nate. Größere, ober­flächen­nahe Stellen mit Wasser­eis schienen jedoch selten. Von unserem Nach­bar­planeten Mars ist bekannt, dass sich dort vor allem an den Pol­kappen groß­flächige Eis­depots befinden, die aus Wasser­eis und gefro­renem Kohlen­dioxid zusammen­gesetzt sind. Auf die Menge an Wasser­eis bezogen, besitzt allein die nörd­liche Pol­kappe auf dem Mars rund dreißig Prozent der Eis­massen auf Grön­land. Auch ohne eine schützende, dichte Atmo­sphäre kann also ober­flächen­nahes Wasser­eis über Jahr­milli­arden bestehen. Auf dem Mars hat der Eis­schild aller­dings eine Tiefe von bis zu zwei Kilo­metern. Wie genau dies auf kleineren Himmels­körpern aus­sehen könnte, ist bislang nicht bekannt.

Eine internationale Forschergruppe hat nun die Tiefflug-Daten des GRaND-Detektors detail­liert ausgewertet. Das Instru­ment macht sich die kosmische Strahlung zunutze: Laufend bombar­dieren hoch­ener­ge­tische Teil­chen aus dem All die Ober­fläche von Ceres, was zur Aus­sendung von Gamma­strahlung und Neutronen führt. Außer­dem führen radio­aktive Elemente im Gestein zur Emis­sion von Gamma­strahlung und liefern somit ihren „Her­kunfts­stempel”. Mit diesen Mes­sungen konnten die Wissen­schaftler insbe­sondere die Ver­teilung von Wasser­stoff, Eisen und Kalium auf der Ober­fläche von Ceres bestimmen.

„Ich war von der großen Menge an Wasserstoff überrascht”, sagt Thomas Pretty­man vom Plane­tary Science Insti­tute in Tucson, Arizona. „Es liegt nicht allein in der Form von Wasser­eis vor, sondern auch als hydra­tisierte Minerale und in orga­nischen Verbin­dungen.” Das deutet darauf hin, dass in ferner Ver­gangen­heit flüs­siges Wasser die Silikat-Minerale im Innern von Ceres verän­dert haben muss. GRaND ist in der Lage, den ober­sten Meter von Ceres zu analy­sieren. Hier fanden die Forscher unge­fähr zwanzig Volumen­prozent Wasser­eis. Nach geo­physi­ka­lischen Schä­tzungen sollten in den ober­sten fünfzig Kilo­metern unter dreißig Volumen­prozent Wasser­eis vor­liegen, was mit diesen Mes­sungen ver­träg­lich ist.

Wie die Messungen von Eisen und Kalium ergaben, hat sich das ursprüng­liche Material, aus dem Ceres geformt ist, danach zuneh­mend diffe­ren­ziert. So konnten die Forscher auch anhand von Simu­la­tionen nach­weisen, dass auf Ceres wohl kilo­meter­langer Material­trans­port möglich war – unter anderem aufgrund von minera­lischen Lösungen –, der zu einer gewissen Frak­tio­nierung von Wasser­eis und eisen­hal­tigem Gestein geführt haben. Das würde auch erklären, warum sich in ober­flächen­nahem Gestein über­raschend wenig Eisen findet: Vermut­lich ist es bei Diffe­ren­zierungs­prozessen abge­sunken.

Wie sich herausstellte, hängt die Häufigkeit der verschie­denen Elemente vor allem vom Breiten­grad ab und fluk­tuiert nur wenig mit dem Längen­grad. Die regio­nalen Unter­schiede sind auch stärker als bei Vesta, die mit einem mitt­leren Durch­messer von 516 Kilo­metern zwar nur als Aste­roid und nicht als Zwerg­planet einge­stuft ist, aber letzt­lich ein nicht allzu unähn­licher Himmels­körper ist.

Überraschend sind die Unterschiede zwischen der Verteilung von Wasser­eis auf Vesta und Ceres. Der Zwerg­planet ist am Äquator praktisch frei von Wasser­eis und besitzt unge­fähr ab dem vierzig­sten Breiten­grad zuneh­mend steigende Konzen­tration an Wasser­eis, die sich mit Rego­lith mischen. Rego­lith besteht aus lockerem Gestein, das sich durch ver­schie­dene Verwit­terungs- oder Impakt­pro­zesse gebil­det, insbe­sondere durch den Auf­prall von Meteo­riten oder Mikro­meteo­riten. Das Wasser­eis an den Polen findet sich bereits in den ober­sten Zenti­metern des Rego­lith und hat dort – wie auf dem Mars – vermut­lich eben­falls Jahr­milli­arden über­dauert.

Das Schicksal der Raumsonde Dawn steht mittlerweile fest. Dawn wird ent­gegen anderer Pla­nungen, etwa im An­schluss den Aste­roiden Adeona anzu­steuern, weiter bis zum Ende ihrer Treib­stoff-Reserven Ceres unter­suchen. Das Hydrazin wird voraus­sicht­lich im Jahr 2017 zur Neige gehen. Dawn soll vorher noch auf einen höheren Orbit um Ceres gehen. Den Zeit­raum bis dahin wollen die Forscher nutzen, um gezielt nach anderen Ele­menten zu suchen. Neutronen­einfang durch Nickel etwa produ­ziert hoch­energe­tische Gamma­strah­lung. Aber auch Kohlen­stoff, Schwefel und Silizium stehen auf Such­liste der Forscher weit oben.

Dirk Eidemüller

RK

ContentAd

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe
ANZEIGE

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe

Die HiPace 10 Neo ist ein effizienter, kompakter Allrounder für den Prüfalltag, der geräuscharm und besonders energieeffizient ist.

Weiterbildung

Weiterbildungen im Bereich Quantentechnologie
TUM INSTITUTE FOR LIFELONG LEARNING

Weiterbildungen im Bereich Quantentechnologie

Vom eintägigen Überblickskurs bis hin zum Deep Dive in die Technologie: für Fach- & Führungskräfte unterschiedlichster Branchen.

Meist gelesen

Themen