08.01.2018

Eine vereinfachte Formulierung von Gittereichtheorien

Tensor-Netzwerke eignen sich besonders gut für die nume­rische Lösung von Gitter­eich­modellen.

Ein allgemeiner Lösungsansatz bietet oft eine ganze Palette von Anwen­dungs­mög­lich­keiten. So hat ein Team von Wissen­schaft­lern vom MPI für Quanten­optik mehrere Jahre mit theo­re­tischen Physikern aus dem Gebiet der Teilchen­physik koope­riert, um eine neue, ver­ein­fachte Formu­lie­rung von Gitter­eich­theorien zu finden.

Eichtheorien sind in vielen Bereichen der Physik von funda­men­taler Bedeu­tung. Sie bilden die Grund­lage der theo­re­tischen Beschrei­bung des in den 1970er Jahren ent­wickel­ten Standard­modells der Teilchen­physik. Hier werden die funda­men­talen Bau­steine der Materie, die Elemen­tar­teilchen, und die Kräfte, die zwischen ihnen wirken, als Felder behandelt. Dabei muss stets die Eich­inva­rianz gewähr­leistet sein: Ver­schie­dene Feld­konfi­gura­tionen, die mittels ver­all­ge­mei­nerten lokalen Rota­tionen, der Eich­trans­forma­tionen, in­ein­ander über­führt werden können, dürfen keinen Ein­fluss auf beob­acht­bare physi­ka­lische Größen wie die Masse oder Ladung eines Teil­chens oder die Stärke der Wechsel­wirkung haben. In der theo­re­tischen Beschrei­bung wird diese lokale Symme­trie mittels zusätz­licher unab­hän­giger Frei­heits­grade, den Eich­feldern, sicher­ge­stellt. Diese Frei­heits­grade sind zum Teil redun­dant und machen das Finden von Lösungen sehr schwierig.

„Unser Ziel ist es, den Hamilton-Operator des Systems zu finden, der die Komple­xität der Beschrei­bung mini­miert. Als Proto­typ dient uns ein spezi­elles Eich­system mit nur einer Dimen­sion in Raum und Zeit“, erklärt Mari Carmen Bañuls, leitende Wissen­schaft­lerin in der Abtei­lung Theorie von Ignacio Cirac. Im Falle eines in Raum und Zeit ein­dimen­sio­nalen Systems sind die Eich­felder keine unab­hän­gigen Frei­heits­grade. Im Prinzip sollte es für diesen Fall daher möglich sein, die Eich­felder aus­zu­inte­grieren und eine Beschrei­bung zu finden, die ohne Eich­frei­heits­grade aus­kommt. Das lässt diese Systeme zu­nächst ein­mal ein­fach erscheinen. „Für prak­tische Berech­nungen ist dies aber bisher nur für Abel­sche Eich­theo­rien gelungen, dem ein­fachsten Fall, bei dem die Eich­felder nur mit den Materie­feldern wechsel­wirken und nicht mit sich selbst“, führt Bañuls aus. „Für nicht­abel­sche Theorien, wie sie auch im Standard­modell auf­treten, ist das auf­grund der Selbst­wechsel­wir­kungen der Eich­felder kompli­zierter.“

Ein wichtiges Hilfsmittel für Berechnungen ist es, das Raum-Zeit-Konti­nuum, auf dem die Felder defi­niert sind, durch ein Gitter diskreter Punkte anzu­nähern, unter gleich­zei­tiger Bei­be­hal­tung der Eich­inva­rianz. Basie­rend auf dieser Gitter­formu­lie­rung haben die Wissen­schaftler eine Formu­lie­rung für eine nicht­abel­sche SU(2)-Eich­theorie ent­wickelt, bei der die Eich­frei­heits­grade aus­inte­griert sind. „Diese Formu­lie­rung ist unab­hängig von der Technik, die wir ver­wenden, um die Zustände des Systems zu berechnen. Es kann prin­zi­piell jede nume­rische oder ana­ly­tische Methode genommen werden“, betont Stefan Kühn, der über dieses Thema promo­viert hat und jetzt am Peri­meter Insti­tute for Theo­re­tical Physics in Kanada arbeitet. „Aller­dings konnten wir zeigen, dass sich für die nume­rische Lösung der so formu­lierten Gitter­eich­modelle Tensor-Netz­werke besonders gut eignen.“

Die Methode der Tensor-Netzwerke wurde ursprünglich von den Wissen­schaftlern am MPI für Quanten­optik für die Beschrei­bung von Quanten-Viel­teilchen­systemen im Kontext der Quanten­infor­mations­theorie ent­wickelt. „Gegen­über anderen Methoden hat sie den großen Vor­teil, dass sie auch Aus­kunft über die Ver­schrän­kungs­struktur des Systems gibt“, erläutert Bañuls. „Dieser direkte Zugriff auf die Quanten­korre­la­tionen im System eröffnet neue Möglich­keiten zur Charak­teri­sie­rung von Eich­theorien.“ Und Kühn fasst die Viel­seitig­keit der neuen Methode so zusammen: „Unsere Formu­lie­rung der nieder­dimen­sio­nalen Gitter­eich­theorie kann es einer­seits erleich­tern, bestimmte Phäno­mene in der Teilchen­physik zu berechnen und vor­her­zu­sagen. Sie könnte sich aber auch dafür eignen, Quanten­simu­la­toren für Anwen­dungen in der Quanten­infor­ma­tions­ver­arbei­tung zu ent­werfen.“

MPQ / RK

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