Einmal durchleuchtet – dreifacher Informationsgewinn
Neues Messverfahren für aktive nanoskalige Bauteile.
Die Funktion elektronischer Geräte hängt vor allem vom Zusammenwirken verschiedener Materialien ab. Deshalb müssen sowohl Ingenieure als auch Wissenschaftler genau wissen, wie sich bestimmte chemische Elemente innerhalb eines Computerchips, einer Diode oder eines Transistors verhalten und was passiert, wenn sie sich miteinander verbinden. Forscher der Uni Jena haben jetzt eine neue Methode entwickelt, durch die sie mehrere Informationen gleichzeitig aus dem Inneren eines nanoskaligen Bauteils erhalten – während es sich im aktiven Zustand befindet.
Abb.: Die Forscher Andreas Johannes (l.) und Carsten Ronning in einem Labor am Institut für Festkörperphysik der Uni Jena. (Bild: J.-P. Kasper, U. Jena)
„Mit unserer Methode können wir gleichzeitig Informationen über die Komposition der Elemente, über ihre Oxidationsstufe, sowie über interne elektrische Felder abrufen“, erklärt Projektleiter Carsten Ronning. „Das sind alles elementare Indikatoren für die Funktion des Bauteils.“ Bei der Vorgehensweise, die das Team gemeinsam mit Kollegen aus Grenoble, Madrid und Wien entwickelt hat, müssen die zu untersuchenden Bauteile nicht aufwändig präpariert oder gar zerstört werden. „Wir könnten die Dioden eines eingeschalteten Handys durchleuchten, ohne dass es beschädigt werden würde“, so Ronning.
Ausschlaggebend für den Forschungsansatz ist ein sehr dünner Röntgenstrahl, mit dem die Forscher zunächst ein eigens für ihre Experimente angefertigtes Bauteil durchleuchtet haben. „Wir haben in einen etwa zweihundert Nanometer dicken Siliziumdraht Arsen- und Galliumatome eingebracht, die sich durch Erhitzen an einem Punkt agglomerieren, wodurch ein funktionsfähiges Bauteil entsteht“, erklärt Ronning. „Dann sind wir den Draht mit einem fünfzig Nanometer dicken Röntgenstrahl entlanggefahren und haben ihn so Stück für Stück bestrahlt.“ Die Wissenschaftler stellten dabei fest, dass das Elementgemisch die Röntgenstrahlung in elektrischen Strom umwandelte, der – wie bei einer Diode – nur in eine Richtung floss. So machten die Wissenschaftler die internen elektrischen Felder, die für die Funktion des Teils unerlässlich sind, sichtbar. Zudem emittierte das Bauteil Licht. „Durch die Röntgenstrahlung werden die Atome im Bauteil angeregt und senden ihrerseits eine charakteristische Strahlung aus“, erklärt Andreas Johannes, der die Experimente durchgeführt hat. „Dadurch erhalten wir ein Spektrum, das uns wertvolle Informationen über die einzelnen Elemente und ihr Verhältnis zueinander liefert.“ Variiert man die Energie der einfallenden Röntgenstrahlung, dann ergeben sich Spektren, die Aussagen über die Oxidationsstufe der Elemente – und damit über die Verbindungen an sich – zulassen.
„All diese Informationen durch eine Messung lassen sich bisher nur durch unsere Methode gewinnen“, sagt Johannes. Zwar gebe es vergleichbare Möglichkeiten im Bereich der Elektronenmikroskopie, doch müssten die Bauteile hierbei besonders präpariert und eventuell zerstört werden, da die Eindringtiefe des Elektronenstrahls weitaus geringer ist. Zudem könnten solche Messungen nur im Vakuum stattfinden – die Röntgenmethode sei dagegen nahezu unabhängig von einer speziellen Umgebung.
Bisher können solche feinen Röntgenstrahlen nur Teilchenbeschleuniger erzeugen, weswegen die Forscher für die Entwicklung der neuen Messmethode eng mit der European Synchrotron Radiation Facility im franzöischen Grenoble zusammengearbeitet haben. Diese Einrichtungen stehen sowohl der Wissenschaft als auch der Industrie zur Verfügung, so dass bereits vorhandene Bauteile genauer durchleuchtet und vor allem neue Materialkombinationen ausprobiert werden können, um leistungsfähigere Bauteile zu erhalten. „Unsere Methode kann beispielsweise bei der Entwicklung neuer Batterien wertvolle Dienste leisten“, sagt Johannes. „Denn auch diese möchten Forscher vor allem in Betrieb und voll funktionsfähig untersuchen, um etwa die Oxidationsstufen der Elemente herauszulesen.“
FSU / RK