04.02.2021

Einzelne Atome als Katalysatoren

Verwendet man einzelne Atome, muss es nicht immer Platin oder Gold sein.

Metalle wie Gold oder Platin werden oft als Kata­lysatoren eingesetzt. So dient Platin etwa in Fahrzeug­katalysatoren dazu, giftiges Kohlenmonoxid in ungiftiges Kohlen­dioxid umzuwandeln. Aufgrund der hohen Kosten solcher Edelmetalle versucht man, sie in Form immer kleinerer Partikel zu nutzen. Der logische Endpunkt dieser Entwicklung sind Einzelatom-Kata­lysatoren: Das Metall liegt dann nicht mehr in Form von Partikeln vor, sondern in Form einzelner Atome, die auf einer Oberfläche festgehalten werden. Doch einzelne Atome kann man nicht mehr mit den Regeln beschreiben, die man von größeren Metall­stücken kennt. Die Gesetze, die für solche Einzelatom-Kata­lysatoren gelten, müssen daher völlig neu erforscht werden – und das gelang nun an der TU Wien. Dabei zeigte sich: Verwendet man einzelne Atome, sind manchmal auch viel kosten­günstigere Materialien effektiver. 

Abb.: Neue Studien zeigen: Wenn man einzelne Atome verwendet, kann man auch...
Abb.: Neue Studien zeigen: Wenn man einzelne Atome verwendet, kann man auch kosten­günstige Materialien als Kata­lysatoren einsetzen. (Bild: TU Wien)­

„Warum manche Edelmetalle gute Kata­lysatoren sind, hat man schon in den 1970er-Jahren erforscht“, sagt Gareth Parkinson vom Institut für Angewandte Physik der TU Wien. „Etwa vom Chemiker Gerhard Ertl, der dafür 2007 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde.“ In einem Stück Metall lässt sich nicht jedes Elektron einem bestimmten Atom zuordnen, die Elektronen­zustände ergeben sich durch das Zusammenspiel vieler Atome. Die Energie der Elektronen wird nicht bloß von den Eigenschaften eines Metallatoms festgelegt, sondern vom Metallstück insgesamt. Für chemische Prozesse spielen nur die äußeren Atome des Metalls eine Rolle – die Atome im Inneren des Metallstücks kommen schließlich mit der Umgebung niemals in Kontakt. Wenn man Material sparen möchte, ist es daher am besten, statt großer Metallklumpen winzige Metall­partikel zu verwenden, bei denen sich ein großer Anteil der Atome an der Oberfläche befindet und sich an der Katalyse beteiligen kann. Daher war die Idee naheliegend, das Metall in Form einzelner Atome zu verwenden, damit jedes einzelne Metallatom chemisch aktiv sein kann. Und tatsächlich lassen sich auf diese Weise große Erfolge erzielen.

„Das Verwirrende daran ist nur: Bei einzelnen Atomen sind die Modelle eigentlich gar nicht mehr anwendbar, mit denen man bisher erklärt hatte, warum diese Edel­metalle so gute Kata­lysatoren sind“, sagt Gareth Parkinson. „Einzelatome können sich keine Elektronen teilen, die Elektronen­bänder, deren Energie man für den Schlüssel zur Erklärung der Katalyse gehalten hatte, gibt es in diesem Fall einfach nicht.“ Intensiv untersuchte Gareth Parkinson mit seinem Team daher in den letzten Jahren, welche atomaren Mechanismen hinter dieser Einzelatom-Katalyse stecken. „Es ist zwar bemerkenswert, dass die Metalle, die wir als gute Kata­lysatoren kennen, auch in Form einzelner Atome gute Katalysatoren sind, aber bei näherer Betrachtung zeigt sich: Das ist kein Zufall“, sagt Gareth Parkinson. „Es sind nämlich in beiden Fällen dieselben Elektronen, die d-Elektronen, die dafür verant­wortlich sind.“

Allerdings ergeben sich in der Einzelatom-Katalyse völlig neue Möglich­keiten, die man bei der Verwendung gewöhnlicher Metallpartikel nicht hat: „Je nachdem, auf welchem Untergrund wir die Metallatome platzieren und welche atomaren Bindungen sie dabei eingehen, können wir die Reak­tivität der Atome verändern“, erklärt Parkinson. Und das bedeutet in manchen Fällen, dass besonders teure Metalle wie etwa Platin nicht mehr notwendigerweise die beste Wahl sind. „Wir haben etwa große Erfolge mit einzelnen Nickel-Atomen erzielt. Wenn man die atomaren Mechanismen der Einzelatom-Katalyse versteht, hat man plötzlich viel mehr Spielraum, die chemischen Prozesse zu beein­flussen“, sagt Parkinson. 

Acht unter­schiedliche Metalle wurden an der TU Wien auf diese Weise genau analysiert – die Ergebnisse passen hervorragend zu den theoretischen Modellen, die gemeinsam mit Cesare Franchini von der Universität Wien entwickelt wurden. „Kata­lysatoren sind in vielen Bereichen sehr wichtig, gerade auch wenn es um chemische Reaktionen geht, die für unsere Umwelt eine große Rolle spielen“, betont Gareth Parkinson. „Unser neuer Zugang zeigt: Es muss nicht immer Platin sein.“ Entscheidend ist die lokale Umgebung der Atome – und wenn man sie richtig wählt, kann man bessere Katalysatoren entwickeln und gleich­zeitig sogar noch Ressourcen und Kosten sparen.

TU Wien / JOL

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