Eisen in Exoplaneten-Atmosphäre
Jüngste Messungen an KELT-9b decken sich mit theoretischen Vorhersagen.
Forscher der Universitäten Bern und Genf haben erstmals in der Atmosphäre eines Exoplaneten Eisen und Titan nachgewiesen. Die Existenz dieser Elemente in Gasform wurde von einem Team um den Berner Astronomen Kevin Heng theoretisch vorausgesagt und konnte nun von Genfern Astronomen bestätigt werden.
Abb.: Künstlerische Ansicht eines Sonnenuntergangs über KELT-9b. Unter dieser sengenden Sonne ist die Atmosphäre des Planeten warm genug, um in rötlich-orangenen Tönen zu leuchten und Schwermetalle wie Eisen und Titan zu verdampfen. (Bild: D. Bajram)
KELT-9 ist ein Stern, der sich 650 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Cygnus (Schwan) befindet. Mit einer Temperatur von über 10.000 °C ist er fast doppelt so heiß wie die Sonne. KELT-9 wird von einem riesigen Gasplaneten, KELT-9b, umkreist, der seinem Zentralstern 30 Mal näher ist als die Erde der Sonne. Aufgrund dieser Nähe umkreist der Exoplanet seinen Stern in 36 Stunden, und er wird auf eine Temperatur von über 4.000 °C erhitzt. Wie die Atmosphäre eines solchen „Heißen Jupiters" aussehen könnte, und wie sie sich unter solchen Bedingungen entwickeln konnte, war bislang unbekannt. Nun konnte das Team aus Genf und Bern mit einer Simulation Eisen- und Titanatome in der Atmosphäre von KELT-9b nachweisen.
Um die Atmosphäre des Exoplaneten KELT-9b zu simulieren haben Forscher der Universität Bern, die Teil des Nationalen Forschungsschwerpunktes PlanetS sind, kürzlich eine Studie durchgeführt. „Die Ergebnisse dieser Simulationen zeigten, dass die meisten Moleküle in der Atmosphäre von KELT-9b in atomarer Form vorliegen sollten“, erklärt Kevin Heng, Direktor und Professor am Center for Space and Habitabilty (CSH) an der Universität Bern. „Denn bei den extrem hohen Temperaturen auf KELT-9b finden Kollisionen zwischen den Teilchen statt, die die Bindungen zwischen den Molekülen aufbrechen und die dabei entstehenden Atome sogar teilweise ionisieren“, sagt Daniel Kitzmann vom CSH. Die Simulationen des Berner Teams sagten auch voraus, dass es möglich sein sollte, gasförmiges atomares Eisen in der Atmosphäre des Planeten KELT-9b mit Hilfe von Teleskopen zu beobachten.
Gleichzeitig zu den Untersuchungen des Berner Teams beobachteten Forscher der Universität Genf den Planeten KELT-9b während eines Transits vor seinem Zentralstern KELT-9. Ein winziger Bruchteil des Lichts des Sterns KELT-9 wird während dieses Transits durch die Atmosphäre des Planeten KELT-9b gefiltert. Wird nun dieses gefilterte Licht analysiert, können daraus Schlüsse gezogen werden auf die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre des Planeten KELT-9b. Dies ist möglich dank des HARPS-Nord-Spektrographen auf La Palma, der in Genf gebaut worden war.
Wie von Hengs Team vorhergesagt, hinterlassen Eisenatome, falls sie in der Atmosphäre von KELT-9b vorhanden sind, einen gut erkennbaren Fingerabdruck im Spektrum Die Forscher entdeckten ein starkes Signal, das demjenigen von Eisendampf entspricht. „Mit den theoretischen Vorhersagen von Hengs Team brauchten wir nur noch einer Art Schatzkarte zu folgen“, sagt Jens Hoeijmakers. Neben den Atomen wiesen die Forscher in der Atmosphäre von KELT-9b außerdem auch Titan in ionisierter Form nach.
Bisher wurde angenommen, dass viele Exoplaneten, die sich in einer ähnlichen Umgebung wie KELT-9b befanden, vollständig verdampft sind. „KELT-9b ist wahrscheinlich massiv genug, um der totalen Verdunstung zu widerstehen“, sagt Hoeijmakers. Die Ergebnisse zeigen auch den starken Einfluss der Sternenstrahlung auf die Zusammensetzung der Atmosphäre von Exoplaneten. Die Beobachtungen bestätigen, dass die hohen Temperaturen die meisten Moleküle in ihre Atome aufspalten, also auch die Moleküle, die Eisen oder Titan enthalten. Bei kühleren Exoplaneten werden Eisen- oder Titan-Atome in gasförmigen Oxiden oder in kondensierter Form als Staubpartikel vermutet, wo sie schwer zu erkennen sind. Einig sind sich die Forscher, dass KELT-9b ein einzigartiges Labor ist, um zu analysieren, wie sich Atmosphären von Planeten unter intensiver Sternenstrahlung entwickeln können.
U. Bern / JOL