08.02.2012

Eisen mit Durchblick

Einem Desy-Team gelang es, Atomkerne mit Hilfe von Röntgenlicht transparent zu machen und gleichzeitig ein neues Prinzip, um einen optisch gesteuerten Schalter für Licht herzustellen.

Der Effekt der elektromagnetisch induzierten Transparenz (EIT) ist aus der Laserphysik bekannt: Durch die Einstrahlung von intensivem Laserlicht lässt sich ein normalerweise undurchsichtiges Material für Licht einer bestimmten Wellenlänge transparent machen. Dieser Effekt entsteht durch ein komplexes Wechselspiel des Lichtes mit der Elektronenhülle der Atome. Die Helmholtz-Forscher um Ralf Röhlsberger wiesen jetzt erstmals an der Röntgenquelle Petra III bei Desy nach, dass es so einen Transparenzeffekt auch für Röntgenlicht gibt, hier hervorgerufen durch die Anregung von Atomkernen des Mössbauer-Isotops Eisen-57. Im Gegensatz zu herkömmlichen Experimenten brauchten sie dafür nur sehr geringe Lichtintensitäten.

Abb.: Die Vielfachbilder zweier Objekte zwischen zwei parallelen Spiegeln illustrieren das EIT-Prinzip: Lässt man Röntgenstrahlen zusammen mit zwei Eisenschichten in so einem optischen Resonator miteinander wechselwirken, entsteht ein quantenmechanischer Überlagerungszustand aus dem Eisen und seinen Spiegelbildern, der die Atomkerne des Eisens durchsichtig erscheinen lässt. (Bild: Desy)

Die Forscher platzierten für ihre Experimente zwei dünne Schichten von Eisen-57 Atomen in einem optischen Resonator, der Röntgenlicht mehrfach hin und her reflektiert. Die beiden jeweils etwa drei Nanometer dicken Schichten von Eisen-57-Atomen wurden zwischen den beiden Platinspiegeln durch Kohlenstoff, der für Röntgenlicht der verwendeten Energie durchlässig ist, präzise in Position gehalten. Das so hergestellte Sandwich aus dünnen Schichten, das nur rund 50 Nanometer dick ist, beleuchteten die Forscher unter sehr kleinen Einfallswinkeln mit einem äußerst dünnen Röntgenstrahl der Synchrotronlichtquelle Petra III. Das hin- und her reflektierte Licht bildet eine stehende Welle. Stehen die Wellenlänge des Lichts und die Abstände der beiden Eisenschichten in diesem optischen Resonator im richtigen Verhältnis zueinander, können die Forscher beobachten, dass das Eisen für das Röntgenlicht fast vollständig durchsichtig wird.

Dafür muss eine Eisenschicht genau im Minimum (Knoten) der Lichtresonanz liegen, die zweite genau im Maximum. Verschiebt man die Schichten innerhalb des Resonators, wird das System sofort wieder undurchsichtig. Die Forscher machen für diese Beobachtung einen quantenoptischen Effekt verantwortlich, den das Zusammenspiel der Atome in den Eisenschichten hervorruft. Anders als bei einzelnen Atomen absorbieren und strahlen hier die Atome einer Schicht gemeinsam im Ensemble. Die Schwingungen der Eisenatome in den beiden Schichten kompensieren sich dabei gegenseitig, das eingestrahlte Licht passiert ungehindert: Das Eisen erscheint durchsichtig. Im Gegensatz zu bisherigen Experimenten sind nur wenige Lichtquanten erforderlich, um diesen Effekt hervorzubringen.

„Unsere Transparenz von Atomkernen ist quasi der EIT-Effekt im Atomkern“, erläutert Röhlsberger die Experimente. „Der Weg zum Lichtquanten-Computer ist sicherlich noch sehr weit. Aber mit dem Effekt ermöglichen wir eine ganz neue Klasse von quantenoptischen Experimenten höchster Empfindlichkeit. Mit dem gerade hier in Hamburg entstehenden Röntgenlaser European XFel sollte es dann tatsächlich möglich sein, Röntgenlicht mit Röntgenlicht zu steuern.“

Doch auch das Quanten-Computing ist durch dieses Experiment einen deutlichen technischen Schritt vorangekommen: Neben der prinzipiellen Möglichkeit, Material mit Hilfe von Licht transparent zu machen, ist für eine spätere technische Umsetzung auch die Intensität des Lichts entscheidend. Jedes zusätzliche Lichtquant im Computer bedeutet zusätzliche Abwärme, die durch die Nutzung des jetzt entdeckten Effekts minimiert würde.

In den Experimenten der Desy-Wissenschaftler zeigte sich außerdem eine weitere Parallele zum EIT-Effekt: Das im optischen Resonator gefangene Licht breitet sich nur noch mit einer Geschwindigkeit von wenigen Metern pro Sekunde aus. Wie langsam das Licht in diesem Fall wirklich wird, und ob sich dieser Effekt ebenfalls wissenschaftlich nutzen lässt, wollen die Forscher in Folgeexperimenten klären. Eine mögliche Anwendung und gleichzeitig ein wichtiger Baustein auf dem Weg zum optischen Quantencomputer ist beispielsweise die Speicherung von Informationen in Form extrem langsamer oder gar gestoppter Lichtpulse.

Desy / OD

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