10.08.2016

Eisenmineralien als Energiespeicher

Bakterien können Elektronen erstaunlich tief in Eisenminerale hineinpumpen.

Bakterien können Elektronen direkt in feste leitfähige magnetische Mineralien, sogenannte Magnetite, pumpen und im Magnetit über lange Strecken transportieren. Das hat ein internationales Forscher­team unter der Leitung von James Byrne und Andreas Kappler vom Zentrum für Angewandte Geo­wissenschaften der Universität Tübingen festgestellt. Dies bedeutet für die Forscher einen Durchbruch bei der Frage, wie Mikro­organismen über weite Entfernungen Zugang zu Energie­quellen finden. Die Entdeckung hat nach Einschätzung der Forscher das Potenzial, den Weg zu neuen Energie­speicher­technologien zu öffnen, bei denen man einfach zu züchtende Bakterien mit in der Umwelt reichlich vorhandenen magnetischen Eisen­ablagerungen zusammenbringen könnte.

Abb.: Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme der Magnetit-Mikropartikel (Bild: J. M. Byrne et al.)

Der Austausch von Elektronen zur Bereitstellung von Energie ist schon lange als treibende Kraft allen Lebens auf der Erde bekannt. „Bakterien setzen Energie für den Eigen­gebrauch frei, indem sie Elektronen von einer Quelle zu einem Ablagerungs­ort auf niedrigerem Energie­niveau verschieben “, erläutert James Byrne. Geeignete Elektronen­spender und -empfänger zu finden, könne jedoch eine große Heraus­forderung für die Bakterien sein. Daher hätten viele Organismen besondere Strategien entwickelt, um alle möglichen Materialien für diese Zwecke nutzen zu können. Mithilfe von magnetischen Messungen, hoch­auflösender Elektronen­mikroskopie und der leistungsstarken Synchrotron­einrichtung Diamond Light Source in Groß­britannien konnte das Forscherteam nun nachweisen, dass viele der Mikroben Elektronen direkt in magnetische Eisen­teilchen hinein­pumpen oder aus ihnen abziehen können.

Auf diese Weise lassen sich die Partikel nutzen, um Energie zu speichern – oder sogar als Energie­überträger über relativ weite Entfernungen. „Das ist besonders interessant, wenn man bedenkt, über welche Distanzen diese Prozesse ablaufen“, sagt Byrne. „Bakterien sind meistens nur einen Mikrometer lang, also hundertmal kleiner als der Durchmesser eines menschlichen Haars. Der Elektronen­transfer läuft aber teilweise über mehrere Zentimeter hinweg. Auf den Menschen übertragen müsste dieser noch in der Lage sein, einen Apfel in mehreren Kilometern Entfernung zu verzehren.“

Einige Typen von Bakterien können bei der Eisenoxidation die Elektronen nur aus den äußeren Nanometern der Magnetit-Partikel herausziehen, andere Bakterien­typen sind dagegen bei der Eisenreduktion in der Lage, die Elektronen ins Innere des Magneten zu pumpen. Dies spiegelt sich auch im Verhalten der Bakterien: Die Eisen-oxidierenden Bakterien können für die Aufrecht­erhaltung ihres Stoff­wechsels und das Wachstum nur die kleinsten Teilchen verwenden; die Eisen-reduzierenden Typen zeigten sich hingegen wenig wählerisch und nutzten Magnetit-Teilchen aller Größen als Elektronen­empfänger. Byrne sagt zusammenfassend: „Unsere Ergebnisse machen deutlich, dass Bakterien Elektronen in praktisch überall verfügbaren Materialien lagern können. Die Elektronen können zu einem späteren Zeitpunkt oder einem weiter entfernten Ort wieder abgezogen werden – durch die Bakterien selbst oder auch zur industriellen Nutzung.“

U. Tübingen / DE

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