18.01.2021 • Photonik

Elektrische Leitfähigkeit berührungslos messen

Kombination von 3D-Messung und Thermografie-Panorama ermöglicht Rekonstruktion des Emissionswinkels.

Bei der Thermografie nimmt eine spezielle Infrarot­kamera ein Bild oder ein Video eines Gegenstands auf, das die Temperatur­verteilung auf dessen Oberfläche zeigt. In der Bauphysik lassen sich so Baumängel oder Schäden wie undichte Fenster, Feuchtigkeits­einlagerung im Mauerwerk oder defekte Dämmung aufzeigen. Und In der Industrie ermöglicht das Verfahren zerstörungs­freie Qualitäts­kontrollen, da man die Beschaffen­heit im Inneren eines Bauteils prüfen kann, ohne es zu öffnen oder zu zerlegen.

Abb.: Aufnahme eines zur Hälfte schwarz lackierten Metallrohres mit einem...
Abb.: Aufnahme eines zur Hälfte schwarz lackierten Metallrohres mit einem terrestrischen 3D-Laserscanner und als Thermografie. (Bild: Fiedler, FHWS)

Die gemessene Oberflächen­temperatur hängt haupt­säch­lich vom Emissions­grad ab, der Werte zwischen 0 und 1 annehmen kann. Der Emissions­grad ist material­abhängig und gibt an, wieviel Strahlung die Oberfläche abgibt. Misst eine Thermografie-Kamera eine 100 Grad Celsius heiße Oberfläche, deren Emissions­grad 0,9 beträgt, zeigt die Kamera die Oberfläche mit 90 Grad Celsius an. Hohe Emissions­grade findet man bei elektrisch nicht­leitenden Oberflächen wie Stein, Beton, Putz, Holz, Glas oder Farben, weshalb sich die Thermografie nahezu problemlos in der Bauphysik einsetzen lässt. Elektrisch leitende Oberflächen wie Stahl, Aluminium und Kupfer haben dagegen einen niedrigen Emissions­grad von 0,2 oder sogar darunter. Um für solche Materialien die Oberflächen­temperatur per Thermografie korrekt zu bestimmen, muss also der Emissions­grad der Oberfläche bekannt sein.

Dieses Problem lässt sich dadurch lösen, dass man zusätzlich zur Thermografie-Aufnahme ein Farbfoto des Objekts aufnimmt und den Emissions­grad durch die Bestimmung des Oberflächen­materials eingrenzt. Ist die Oberfläche beispiels­weise lackiert, so ist ein hoher Emissions­grad anzunehmen, da Farben und Lacke elektrische Isolatoren sind. Zeigt die Oberfläche dagegen einen metallischen Glanz, handelt es sich vermutlich um einen elektrischen Leiter.

Forscher der Hochschule für angewandte Wissen­schaften Würzburg-Schweinfurt entwickeln ein neues Verfahren, mit dem sich die elektrische Leitfähigkeit von Oberflächen berührungslos bestimmen lässt und somit der Emissions­grad genauer ermittelt werden kann. Hierfür wurde in einem vom Bundes­ministerium für Bildung und Forschung und vom Bundes­ministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Forschungsprojekt der „ThermoHead“ entwickelt, ein Gerät, das geometrisch kalibrierte und hoch­auf­gelöste Thermografie-Panoramen aufnimmt.

Zusätzlich zum Thermografie-Panorama wird mit einem terrestrischen 3D-Laserscanner eine drei­dimen­sionale Abbildung der Umgebung angefertigt. Der ThermoHead ermöglicht es erstmals, dass Thermografie-Panorama und 3D-Aufnahme vom exakt gleichen Standpunkt aus durch­geführt werden können. Aus dem 3D-Datensatz lässt sich die aufgenommene Umgebung modellieren. Da der Blickwinkel beider Aufnahmen identisch ist, lässt sich so erstmals der Emissions­winkel rekonstruieren, unter dem die Thermografie-Kamera die Oberfläche abgebildet hat. Für das weitere Vorgehen wird das 3D-Modell passgenau mit den Thermografie-Informationen überlagert.

Das neue Verfahren wurde speziell für die energetische Inventari­sierung von Industrie­anlagen entwickelt, da dort häufig metallische Oberflächen und Rohrleitungen vorliegen. Durch den runden Verlauf der Rohre liegt bei jeder Aufnahme ein Winkelbereich von 0 bis 90 Grad vor, weshalb alle für die Messung benötigten Emissions­winkel vorhanden sind. Auch das berührungslose Auffinden von Oxidationen ist möglich, da Metalle bei der Oxidation zu Isolatoren werden und sich somit der Emissions­grad erhöht.

FHWS / RK

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