Elektron hilft Kernspins zu verschränken
Zwei Kernspins stimmen sich miteinander durch Hyperfeinwechselwirkung mit einem Elektronenspin ab.
Die Spins der Atomkerne sind normalerweise gut abgeschirmt gegen störende Umwelteinflüsse, so dass sie sich hervorragend als Speicher für Quanteninformationen eignen. Um auf einen Kernspin dennoch zugreifen und auf ihn ein Qubit schreiben zu können, nutzt man die Hyperfeinwechselwirkung zwischen den Kern- und den Elektronenspins in den Atomen. Dank dieser Wechselwirkung kann man mit einem Elektronenspin zwei Kernspins kohärent miteinander abstimmen und verschränken, wie Forscher in Kanada jetzt gezeigt haben.
Abb.: Im Zentrum des radioaktiv markierten Malonsäuremoleküls stimmen sich die Kernspins eines Wasserstoff- und eines C-13-Atoms mit Hilfe eines Elektronenspin ab. (Bild: Y. Zhang et al., Phys. Rev. Lett.)
Jonathan Baugh und seine Kollegen von der University of Waterloo haben ihr Kernspinexperiment bei Zimmertemperatur an kristalliner Malonsäure (C3H4O4) durchgeführt, die radioaktiv markiert war. In einem Teil der Moleküle hatte das zentrale Kohlenstoffatom einen C-13-Kern. Normalerweise waren an dieses C-Atom zwei H-Atome gebunden, doch durch Röntgenbestrahlung wurde eines der beiden H-Atome herausgeschlagen, sodass das C-Atom ein ungepaartes Elektron übrig hatte.
Damit waren die drei Akteure des Dramas versammelt: die Kernspins des C-13-Atoms und des verbliebenen H-Atoms sowie der Spin des ungepaarten Elektrons. Die direkte Dipolwechselwirkung der beiden Kernspins war vernachlässigbar. Anders war dies bei der Hyperfeinwechselwirkung, die den Elektronenspin mit den beiden Kernspins koppelte. Sie ließ sich in zwei Beiträge zerlegen. Der Fermi-Kontaktterm berücksichtigte, dass sich der Elektronenspin mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit an den beiden Atomkernen aufhalten konnte. Über diese isotrope Wechselwirkung zwischen Kern- und Elektronenspins ließen sich die Zustände der beiden Kernspins allerdings nicht miteinander abstimmen.
Der Elektronenspin wirkte indes auch über sein magnetisches Dipolfeld aus größerer Entfernung auf die Kernspins ein. Da die Feldlinien an den meisten Orten nicht in die Richtung des Elektronenspins zeigten, trat ein anisotroper Beitrag zur Hyperfeinwechselwirkung auf. Die Kernspins versuchten, sich entlang der Feldlinien im Dipolfeld des Elektronenspins auszurichten und präzedierten. Dabei hing die Richtungsachse der Quantisierung der Kernspins vom Quantenzustand des Elektronenspins ab. Diese Wechselwirkung nutzten die Forscher, um die beiden Kernspins mit Hilfe des Elektronenspins zu koppeln.
Mit optimierten Folgen von Mikrowellenpulsen, die gezielt auf den Zustand des Elektronenspins einwirkten, steuerten die Forscher die Kernspins in die gewünschten korrelierten Quantenzustände. Die Korrelation ließ sich am Echosignal des Elektronenspins ablesen, das viele Oszillationen zeigte. Mit entsprechenden Mikrowellenpulsfolgen war es auch möglich, die Kernspins in einen verschränkten Zustand zu bringen. Da sich die Kernspins bei Zimmertemperatur jedoch in einem ungeordneten thermischen Ausgangszustand befanden, war die Verschränkung noch nicht nachweisbar. Bei Temperaturen weit unterhalb von 10 Kelvin jedoch, sollten sich die Kernspins perfekt miteinander verschränken lassen.
Dank der anisotropen Hyperfeinwechselwirkung benötigten Jonathan Baugh und seine Kollegen lediglich Mikrowellenpulse, um die beiden Kernspins miteinander zu korrelieren. Normalerweise sind sowohl Mikro- als auch Radiofrequenzen nötig, wenn man Kernspins durch Hyperfeinwechselwirkung mit Elektronenspins in einen gewünschten Zustand bringen will. Das von den Kanadischen Forschern entwickelte Verfahren ist somit einfacher und schneller als die bisher verwendeten Methoden. Neben der Malonsäure sollte das Verfahren auch für andere Substanzen funktionieren, in denen Kernspins als langlebige Quanteninformationsspeicher dienen können, wie etwa in phosphordotiertem Silizium.
Rainer Scharf
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