13.05.2016

Elektron-Loch-Collider

Terahertzpulse können wie ein Teilchenbeschleuniger für Quasiteilchen wirken.

Das Standardmodell der Elementarteilchen basiert auf Erkenntnissen, die Forscher mit Hilfe von Teilchen­beschleunigern und Kollisions­experimenten gesammelt haben. Aufgrund der enormen Teilchen­anzahl waren bislang allerdings vergleichbare Verfahren und Methoden zur Nutzung solcher Kollisions­experimente für die Festkörper­physik unbekannt, obwohl viele moderne Technologien wesentlich davon abhängen, die strukturellen und elektronischen Eigenschaften von Fest­körpern zu verstehen. Gleichwohl lässt sich in einem Fest­körper die komplexe Wechsel­wirkung von Billionen über Billionen von Teilchen auf einzelne Objekte reduzieren, nämlich auf Quasi­teilchen.

Abb.: Ein Elektron (blau) und ein Loch (rot) prallen in einem Wolframdiselenid-Kristall (Gitter) zusammen. Die dabei freiwerdende Energie entlädt sich in hochenergetischen Photonen. (Bild: F. Langer, U. Regensburg)

Einem Team von Physikern um Rupert Huber von der Universität Regensburg und Mackillo Kira von der Philipps-Universität Marburg ist es nun in Kooperation mit Kollegen aus dem kalifornischen Santa Barbara gelungen, solche Quasi­teilchen gezielt miteinander zu kollidieren. Dazu mussten die Forscher extrem schnell vorgehen, denn die Quasi­teilchen existieren nur für einen winzigen Augenblick, etwa 10 Femto­sekunden lang, ehe sie durch Stöße mit umliegenden Elektronen unkontrolliert gestört werden und zerfallen.

Dieses Problem umgingen die Forscher mit Hilfe der Tera­hertz-Hochfeld­quelle an der Universität Regensburg. Zunächst erzeugten die Forscher Paare von Quasi­teilchen – Elektron-Loch-Paare – im Halbleiter Wolfram­diselenid mit Hilfe eines superkurzen Licht­blitzes. Die gegen­sätzlich geladenen Quasi­teilchen ziehen einander elektro­statisch an und bilden einen atom­ähnlichen Komplex, ein Exziton. Das starke, schwingende Lichtfeld aus der Terahertz-Hochfeldquelle trennt die beiden Quasi­teilchen zunächst voneinander, um sie anschließend mit hoher Geschwindigkeit wieder miteinander zu kollidieren. Der gesamte Beschleunigungs­prozess läuft dabei schneller als eine einzige Licht­schwingung ab. Die Kollisionen führen zu ultra­kurzen Lichtblitzen, die wiederum – ähnlich wie in Groß­forschungs­anlagen wie dem CERN – Rückschlüsse auf die Struktur der Quasi­teilchen zulassen. Quanten­mechanische Simulationen der Arbeits­gruppe an der Philipps-Universität Marburg unterstützten diese Beobachtungen.

Die Experimente und Berechnungen der Forscher aus Regensburg, Marburg und Santa Barbara belegen, dass sich grundlegende Beschleuniger­konzepte aus der Teilchen­physik ebenso für Verfahren in der Fest­körper­physik nutzen lassen. Die Experimente bieten neuartige Einblicke in die Eigenschaften von Quasi­teilchen und könnten wesentlich zur Lösung einiger der größten Rätsel der modernen Physik wie etwa den Mechanismus der Hoch­temperatur­supra­leitung beitragen.

U. Regensburg / DE

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