Elektronen auf Spiralbahnen
Mit Elektronenstrahlen, die sich hinter einer Platin-Maske zu Wirbeln formen, lassen sich magnetische Zustände mit atomarer Auflösung detektieren.
Mit Elektronenstrahlen, die sich hinter einer Platin-Maske zu Wirbeln formen, lassen sich magnetische Zustände mit atomarer Auflösung detektieren.
Optische Pinzetten basieren auf Lichtwellen, die ins Trudeln geraten. Diese fokussierten Photonenwirbel können winzige Objekte greifen und schonend an einen neuen Ort setzen. Noch kleinere Objekte bis hin zur Größe von Atomen könnten in Zukunft mit Wirbeln aus Elektronen kontrolliert werden. Österreichische und belgische Physiker schafften es nun, gezielt Wirbel aus Elektronen zu erzeugen. Zudem können mit den Elektronenwirbeln selbst einfache Elektronenmikroskope magnetische Eigenschaften mit atomarer Auflösung erkennen.
Abb.: Eine ebene Welle trifft auf die speziell geformte Gittermaske, die den Elektronenstrahl in einen rechts- und einen linksdrehenden Vortex-Strahl, sowie einen mittleren Strahl ohne Drehung umwandelt. Ähnlich wie bei einem Tornado ist die Rotation des Elektronenstroms im Inneren gering.
Jo Verbeeck von der Universität Antwerpen und Kollegen von der Technischen Universität Wien griffen in ihrem Experiment zu einem konventionellen Elektronenmikroskop und beschleunigten die Elektronen mit Hochspannungen von 300.000 Volt. Diese geladenen Teilchen breiteten sich erst in einer flachen Ebene aus und trafen auf eine hauchdünne Platinfolie, in die Forscher winzige Schlitze geschnitten hatten.
Durch diese Platinmaske werden die Elektronenfronten teilweise blockiert. Nur ein Teil wandert durch die feinen Schlitze und formt dahinter Spiralwirbel mit Durchmessern zwischen einem und 100 Nanometern. So bildet sich hinter dem Gitter ein rechtsdrehender und ein linksdrehender Vortex-Strahl, und in der Mitte ein gewöhnlicher Elektronenstrahl ohne Rotation. Grundlage für diesen Effekt ist eine Veränderung im Winkelmoment des linear polarisierten Elektronenstrahls.
Mit den Elektronenwirbeln untersuchten Verbeeck und Kollegen eine Probe aus magnetisiertem Eisen. Beim Aufprall veränderte sich die Energie der Elektronen, woraus die Forscher auf die magnetischen Zustände der Probe zurück schließen konnten. Auf der Basis der Energie-Verlust-Spektroskopie (EELS) halten es die Forscher für möglich, die magnetischen Eigenschaften bis auf das einzelne Atom genau bestimmen zu können. Dazu müsste die Platinmaske, in die derzeit mit lithografischen Methoden Schlitze im Mikrometerbereich gefräst wurden, mit noch kleineren Öffnungen versehen werden.
Vor dem belgisch-österreichischen Team gelang es im Frühjahr dieses Jahres bereits einer japanischen Arbeitsgruppe am Advanced Science Institute in Saitama, Elektronenwirbel herzustellen. Dazu nutzten sie jedoch eine Maske aus sehr dünnen Grafit-Folien.
Mit den Elektronenwirbeln lockt ein zugleich leistungsfähiges wie günstiges Werkzeug für Nanoforscher. Neben der Untersuchung magnetischer Zustände könnten die wirbelnden Elektronen zu einer empfindlichen Nano-Pinzette für Atome oder zu einer neuen Methode für die exakte Manipulation von Nanostrukturen führen. Für beide Anwendungen müssen die Wissenschaftler bisher auf die teureren Rasterkraftmikroskope zurückgreifen.
Jan Oliver Löfken
Weitere Infos
- Advanced Science Institute, RIKEN, Saitama:
http://www.riken.go.jp/engn/r-world/research/lab/asi/index.html
Weiterführende Literatur:
- O’Neill, A. T., Mac Vicar, I., Allen, L. & Padgett, M. J.: Intrinsic and extrinsic nature of the orbital angular momentum of a light beam. Phys. Rev. Lett. 88 (5) 053601 (2002).
- Cojoc, D. et al.: X-ray vortices with high topological charge. Microelectron. Eng. 83, 1360–1363 (2006).
- Garcia de Abajo: Optical excitations in electron microscopy. Rev.Mod.Phys. 82, 209–275 (2010).
BD