Elektronen: beim Synchronspringen gern zu dritt oder viert
Bei der Rekombination erfolgt der resonante Energieübertrag in einigen Fällen effizienter, wenn statt zwei vielmehr drei oder gar vier Elektronen daran beteiligt sind.
Hochgeladene Ionen kommen in sehr heißen Umgebungen bis zu einigen Millionen Grad vor, etwa im Kosmos im Inneren von Sternen oder deren Atmosphären, in Sternexplosionen oder in der Umgebung dessen, was davon übrig bleibt – Neutronensterne oder Schwarze Löcher – wenn diese Materie ansaugen. Sie bevölkern aber auch heiße technische Plasmen, wie sie auch in Fusionsexperimenten vorliegen. Sie tragen dort zu Kühlmechanismen bei, die für die Kontrolle des Plasmas wichtig sind. Trifft nämlich ein schnelles Elektron aus dem Plasma auf ein Ion, so kann es von diesem unter Aussendung eines Röntgenphotons eingefangen werden (radiative Rekombination). Dem Plasma gehen also schnelle geladene Teilchen, die magnetisch eingefangen werden können, verloren und es kühlt sich ab, während die neutralen Röntgenquanten das dünne Plasma praktisch ungehindert verlassen können. Für die Steuerung der Plasmatemperatur sind daher Kenntnisse des Rekombinationsverhaltens von hochgeladenen Ionen enrom wichtig.
Abb.: In diesem Schema der di- (a) und trielektronischen (b) Rekombination in kohlenstoffartigen Ionen (sechs Elektronen plus das eingefangene) bezeichnen K und L die beteiligten elektronischen Schalen des Ions. (Bild: MPI-K)
Neben dem rein radiativen Einfang besteht auch die Möglichkeit, dass beim Einfang die freigesetzte Energie auf ein gebundenes Elektron übertragen und dieses in einen höheren Zustand angeregt wird. Dies ist genau dann möglich, wenn die Anregungsenergie dieses Quantensprungs der Summe von Bewegungs- und Bindungsenergie des eingefangenen Elektrons entspricht – man spricht hier von einem resonanten Prozess, der dielektronischen Rekombination, da zwei Elektronen daran teilnehmen. Etwa vorhandene weitere gebundene Elektronen spielen die Rolle eines Zuschauers. Beim Rücksprung kann ein Röntgenquant freigesetzt werden – das Ion stabilisiert sich auf diese Weise und behält seine um eine Einheit verringerte Ladung. Zugleich wird das Plasma wie bei der radiativen Rekombination gekühlt.
Nun ist es auch denkbar, dass mehr als zwei Elektron bei dieser Quantenspringerei mitspielen, und dies haben Forscher in neueren Experimenten auch für bis zu vier Elektronen beobachtet: tri- und quadruelektronische Rekombination. Es entspricht durchaus der Erwartung, dass die Prozesse höherer Ordnung, die mehrere Elektronen einbeziehen, unwahrscheinlicher sind. Rechnungen von Zoltán Harman vom Heidelberger Max-Planck-Institut für Kernphysik ergaben aber eine starke Zunahme der mehrelektronischen Rekombination hin zu leichteren Elementen. Dieser systematische Trend sagt sogar ein Überwiegender trielektronischen gegenüber der dielektronische Rekombination für leichtere, kohlenstoffartige Ionen voraus.
Abb: Das Stärkenverhältnis der tri- zur dielektronischen Rekombination in Abhängigkeit der atomaren Ordnungszahl für kohlenstoffartige Ionen (Ar12+, Fe20+, Kr30+) fällt mit Z stark ab. Unterhalb von Z ≈ 20 überwiegt der trielektronische Prozess. (Bild: MPI-K)
Diese einigermaßen überraschende Vorhersage bestätigten neue Messungen der Gruppe um José Crespo, ebenfalls am MPI-K, am Beispiel kohlenstoffartiger Eisen-, Krypton- und Argonionen. Die Ionen werden hierzu in einer Elektronstrahl-Ionenfalle (EBIT) erzeugt und ihre Röntgenemission in Abhängigkeit von der Elektronenenergie untersucht. Die erwähnten Rekombinationsprozesse zeigen sich dabei als Resonanzen, also einer erhöhten Ausbeute an Röntgenstrahlung bei einer bestimmten Elektronenenergie.
MPI-K / OD