07.10.2021

Elektronen das Surfen beibringen

Strahlcharakteristik von Kielfeld-Beschleunigern mit Interferenzmethode bestimmt.

Seit Jahrzehnten wurden Teilchen­beschleuniger immer größer. Seit einigen Jahren gibt es jedoch eine Alternative: „Teilchen­beschleuniger im Tischformat“, die auf der Laser­anregung von Kielwellen in Plasmen (laser wakefield) basieren. Solche kompakten Beschleuniger wären für künftige beschleuniger­getriebene Licht­quellen interessant, werden aber auch für die Hoch­energie­physik untersucht. Ein Team aus dem Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) und der Physikalisch-Technischen Bundes­anstalt (PTB) hat eine Methode entwickelt, um den Querschnitt der so beschleunigten Elektronen­pakete präzise zu vermessen. Dadurch rücken Anwendungen dieser neuen Beschleuniger­technologien für Medizin und Forschung näher.

 

Abb.: Aus den Interferenz­mustern bei unterschiedlichen Brenn­weiten und...
Abb.: Aus den Interferenz­mustern bei unterschiedlichen Brenn­weiten und Photonen­intensitäten lassen sich Aussagen über die Qualität des Strahls gewinnen. (Bild: J.-G. Hwang et al.)

Das Prinzip der Laser-Wakefield-Beschleuniger: Ein Hochleistungslaser regt in einem Plasma eine Ladungswelle an, die sich mit der Geschwindigkeit des Laserpulses fortpflanzt und ihrem „Kielwasser“ Elektronen hinterher­zieht und so beschleunigt. Elektronen­energien im GeV-Bereich können mit dieser Technik schon seit längerem erreicht werden. Allerdings sind die so erzeugten Elektronenpakete bisher zu klein und zu schlecht fokussiert, um die von ihnen abgegebene Synchrotron­strahlung zu nutzen, ein intensives, kohärentes Licht, das für die Forschung in vielen unterschiedlichen Disziplinen eingesetzt wird.

Für die Weiterentwicklung der Technik ist daher eine Methode notwendig, um Querschnitt und Qualität der Elektronen­pakete individuell präzise zu messen und zu kontrollieren. Der Speicher­ring der PTB, die Metrology Light Source (MLS), erlaubt in flexiblem Forschungsbetrieb die Erzeugung von kleinen Elektronenpaketen, die denen der Laser-Wakefield-Beschleuniger sehr ähnlich sind, deren Eigenschaften aber sehr reproduzierbar und genau eingestellt und variiert werden können. Ein Team am HZB und an der PTB hat nun eine Methode entwickelt, um die laterale Ausdehnung des Elektronen­strahls eines Laserplasma-Beschleunigers mit einer Auflösung im Mikrometer­bereich zu messen.

„Dabei nutzen wir eine Technik, die erfolgreich am Speicherring Bessy II eingesetzt wird“, erklärt Thorsten Kamps, Ko-Autor der Studie. Erstautor Ji-Gwang Hwang hatte die Idee, im sichtbaren Bereich die kohärente Strahlung der Elektronenpulse über die Interferenz zu nutzen und den Strahlquerschnitt als Abweichung von einer perfekt punktförmigen Quelle zu ermitteln. Mit Hilfe einer hoch­empfindlichen Kamera und komplexen Algorithmen gelang es dem Team, die laterale Strahl­größe im Bereich von wenigen Mikrometern zu messen. Die Messungen selbst hat Katharina Albrecht im Rahmen ihrer Bachelor­arbeit in Physik durchgeführt. „Wir haben für dieses Projekt sehr eng mit unseren Kollegen von der MLS an der PTB zusammen­gearbeitet“, betont Kamps. „Dort ist es an einer Beamline möglich, den Elektronen­strahl aus einem Plasma-Beschleuniger zu imitieren und so die Methode unter realistischen Bedingungen zu testen“, sagt Kamps.

Die hier geschilderte Arbeit findet im Rahmen des Projekts Athena – „Accelerator Technology Helmholtz Infrastructure“ statt. Das ist eine neue Forschungs- und Entwicklungs­plattform der Helmholtz-Gemeinschaft für Beschleuniger­technologien. Auf Grundlage innovativer plasmabasierter Teilchen­beschleuniger und hochmoderner Lasertechnologie sollen zwei Leucht­turm­projekte aufgebaut werden: bei DESY in Hamburg eine Elektronen- und in Dresden eine Hadronen­beschleuniger­anlage. An beiden Anlagen sollen verschiedener Einsatz­gebiete entwickelt werden, die von einem kompakten Freie-Elektronen-Laser über neuartige medizinische Anwendungen bis hin zu neuen Einsatz­möglichkeiten in Kern- und Teilchenphysik reichen.

HZB / DE

 

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