01.12.2015

Elektronen fahren Quantenkarussell

Im Magnetfeld verhalten sich Elektronen unerwartet, wenn man sie mit einem Terahertz-Lichtfeld antreibt.

Die Informationsverarbeitung in Computern beruht auf der gezielten Steuerung elektrischer Ströme während extrem kurzen Zeitskalen von Bruchteilen von Nanosekunden. Die Schaltvorgänge innerhalb des Chips geschehen dabei allerdings nur durch den Transport von Elektronen, ohne besonderen Nutzen aus deren quantenmechanischer Wellennatur zu ziehen. Könnte diese Eigenschaft gezielt ausgenutzt werden, würde ein Traum vieler Naturwissen­schaftler in greifbare Nähe rücken: der Quantencomputer.

Abb.: In einer nanometerdünnen Halbleiterprobe im Magnetfeld vollführen Elektronen eine kreisförmige Bewegung, wenn sie durch Lichtblitze angeregt werden. (Bild: C. Lange)

Den Herausforderungen der Quanteninformationsverarbeitung haben sich weltweit viele Forscherteams gestellt, sodass inzwischen zahlreiche Konzepte zur Implementierung der Qubits existieren, dem quantenmechanischen Äquivalent zum konventionellen Bit. Ein Forscherteam vom Institut für Experimentelle und Angewandte Physik der Universität Regensburg sowie von der Universität Marburg haben nun in einem nanometerdünnen Halbleiter­system eine neue Klasse von Wechselwirkungen nachgewiesen, die sich für Qubits in einfachen Strukturen nutzen ließen – und dies potentiell bei Zimmertemperatur.

Dazu legten die Wissenschaftler ein starkes Magnetfeld an die Halbleiterprobe an, in der dann alle Elektronen ähnlich wie in einem Karussell eine Kreis­bewegung um die Magnetfeldachse vollführen. Gemäß dem in den 1960er Jahren entwickelten und nach seinem Erfinder benannten Kohn-Theorem sollte die Wellenfunktion dieser sogenannten Landau-Elektronen zwar sehr robust gegen äußere Störungen sein und sich daher für Qubits wenig eignen. Mittels starker elektromagnetischer Impulse im Terahertz-Spektralbereich gelang es den Forschern jedoch, dieses Quantenkarussell auf kürzester Zeitskala so stark aufzuschaukeln, dass die Elektronen mit dem Kristallgitter wechselwirkten und dabei eine starke Taumelbewegung vollführten.

Die resultierende nichtlineare Abweichung von der idealen Kreisbahn erlaubt es, Quanteninformationen innerhalb von wenigen Femtosekunden – also weit mehr als 1.000 Mal schneller als in einem konventionellen Computer – gezielt zu lesen und zu schreiben. Liegt kein Schreib- oder Leseimpuls an, sorgt das Kohn-Theorem hingegen weiterhin dafür, dass die Quanteninformation sehr lange erhalten bleibt. Zu diesem experimentellen Ergebnis steuerten die theoretischen Physiker aus Marburg eine vollständige Quantentheorie bei, die auf numerischen Simulationen basiert und nicht nur die bereits gemessenen Daten vollständig erklärt, sondern auch Voraussagen für zukünftige Materialsysteme erlaubt.

Die Forscher prüfen derzeit, wie sich die ideale Kombination von effizientem Quantenschalter und robustem Quantenspeicher auf andere Materialsysteme wie Graphen übertragen lässt, wodurch sich das Konzept auch bei Raum­temperatur ausnutzen ließe. Zudem laufen bereits analoge Experimente zur Quantenoptik, in denen künstlich geschaffene Quasiteilchen – halb Licht, halb Materie – mit noch stärkeren Nichtlinearitäten aufwarten. Aus Sicht der Wissenschaftler ist mit den vorliegenden Ergebnissen der Grundstein für magnetische Quantenbits gelegt, womit sich ein breites und neuartiges Forschungsfeld für die Quanteninformationsverarbeitung öffnet.

U. Regensburg / PH

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