Elektronenaffinität von Astat
Grundlegende Eigenschaften des seltensten Elements der Erde enthüllt.
Ein internationales Forschungsteam mit Beteiligung der Universität Jena hat zum ersten Mal die Elektronenaffinität des chemischen Elements Astat gemessen. Das radioaktive Element ist das seltenste natürlich vorkommende Element der Erde, nur etwa 40 Gramm existieren auf der Erde. Das Forschungsergebnis ermöglicht zum einen den Zugang zu bisher unbekannten Eigenschaften dieses Elements und das Testen theoretischer Modelle. Zum anderen ist es von großem Interesse für die Tumorbehandlung bei der gezielten Alpha-Therapie. Dabei wird Astat an organische Moleküle angedockt, welche es direkt zum Tumor transportieren und dort mittels Alphazerfall zerstören. Dazu ist es notwendig, die chemischen Eigenschaften zu kennen.
Obwohl Astat bereits in den 1940er Jahren entdeckt wurde, beruht die Kenntnis seiner Eigenschaften vorwiegend auf theoretischen Berechnungen oder auf der Ableitung der Eigenschaften seiner Verwandten im Periodensystem. Der Grund dafür ist, dass Astat auf der Erde rar ist und die winzigen Mengen des Elements, die im Labor hergestellt werden können, den Einsatz traditioneller Techniken zur Messung seiner Eigenschaften verhindern. Eine bemerkenswerte Ausnahme war eine frühere Messung der Ionisierungsenergie des Elements an der Isolde-Anlage am europäischen Kernforschungszentrum CERN in Genf. In der aktuellen Studie wurden negative Ionen von radioaktivem Astat produziert und mittels Laser neutralisiert. An der Untersuchung der Strahlzeit und der Auswertung war auch Oliver Forstner von der Universität Jena beteiligt. Durch Variation der Wellenlänge an Isolde konnte schließlich die Elektronenaffinität von Astat gemessen werden: Der Wert beträgt 2,41578 eV.
Dieser Wert zeigt, dass die Elektronenaffinität von Astat die geringste aller Halogene ist, aber dennoch größer als die aller anderen bisher gemessenen Elemente außerhalb der Halogenfamilie. Darüber hinaus konnte das Team weitere Eigenschaften von Astat bestimmen, zum Beispiel seine Elektronegativität. Diese Eigenschaften sind für Studien relevant, die den möglichen Einsatz von Astat in der gezielten Alpha-Therapie untersuchen.
U. Jena / JOL
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
D. Leimbach et al.: The electron affinity of astatine, Nat. Commun. 11, 3824 (2020); DOI: 10.1038/s41467-020-17599-2 - Isotope mass Separator On-Line facility ISOLDE, CERN, Genf