Elektronische Nase
Sensorchip kann eine Vielzahl unterschiedlicher Gerüche erlernen und ist vielseitig einsetzbar.
Frisch gemahlener Kaffee, Popcorn, Bioabfall oder Rauch – im Laufe unseres Lebens lernen wir die verschiedensten Gerüche kennen und können sie dank unserer Nase unterscheiden auch ohne die Quelle des Geruchs zu sehen. Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie einen Sensor entwickelt, dem man die unterschiedlichsten Gerüche beibringen kann. Die elektronische Nase soll alltagstauglich sein und mögliche Gefahren wie schwelende Kabel oder verdorbene Lebensmittel früher als ein Mensch erschnuppern.
Abb.: Die elektronische Nase ist ein Sensorchip, auf dem Nanodrähte mit Gerüchen – also komplexen Gasgemischen – reagieren. (Bild: M. Sommer, KIT)
Die Nase des Menschen besteht aus etwa zehn Millionen Riechzellen mit rund vierhundert unterschiedlichen Geruchsrezeptoren. Diese Rezeptoren nehmen die Gerüche wahr und erzeugen ein spezifisches Signalmuster. Das Gehirn ordnet das Signalmuster einem bestimmten Geruch zu. „Wir haben uns die biologische Nase als Vorbild genommen“, sagt Martin Sommer, der das Projekt „Smelldect“ am KIT betreut. „Bei unserer elektronischen Nase reagieren Nanofasern auf komplexe Gasgemische – also Gerüche – und bilden ebenfalls Signalmuster, anhand derer der Sensor diese erkennt.“ Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines preiswerten massen- und alltagstauglichen Geruchssensors.
Die elektronische Nase ist nur wenige Zentimeter groß. Sie enthält die gesamte Betriebselektronik, inklusive der Technologie zur Auswertung der Gase. Sie besteht aus einem Sensorchip, auf dem Nanodrähte aus Zinndioxid auf vielen einzelnen Sensoren angebracht sind. Spezifische Signalmuster errechnet der Chip über die Widerstandsänderungen der Einzelsensoren. Diese hängen von den Molekülen aus der Umgebungsluft ab, sind für verschiedene Gerüche jeweils unterschiedlich – und damit charakteristisch und wiedererkennbar. Wurde dieses Muster vorher in den Chip eingelernt, kann es der Geruchssensor innerhalb von Sekunden erkennen.
Um das Verfahren in Gang zu bringen, setzen die Forscher auf eine in das Sensorgehäuse integrierte Leuchtdiode, welche die Nanodrähte mit UV-Licht bestrahlt. Dadurch sinkt der ursprünglich sehr hohe elektrische Widerstand des Zinndioxids soweit, dass Änderungen von diesem – hervorgerufen durch die für den Geruch verantwortlichen und auf der Zinndioxid-
Der Sensorchip kann eine Vielzahl unterschiedlicher Gerüche erlernen und ist damit vielseitig einsetzbar. Ob im Hausalt zur Kontrolle der Raumluft oder als Brandmelder, beim Einkaufen, um zu erkennen, wie frisch Fisch oder Fleisch ist, in der Qualitätsendkontrolle beispielsweise von Honig oder als Nase für einen Roboter. „Die Schwierigkeit ist, dass Geruch nicht gleich Geruch ist. Eine Rose beispielsweise riecht bei Sonnenschein anders als bei Regen“, so der Forscher. „Deshalb trainieren wir die elektronische Nase momentan für spezifische Einsatzzwecke, die aber universell wählbar sind.“ Die Wissenschaftler des KIT wollen einen möglichst preiswerten Sensor entwickeln, um ihn massentauglich zu machen. „So könnte man die elektronische Nase in Zukunft beispielsweise in alle Elektrogeräte einbauen, um Kabelbränden vorzubeugen. Oder wir statten Smartphones damit aus. Jeder hätte dann beim Einkaufen seine eigene, hochsensible elektronische Nase dabei“, sagt Sommer.
Bei der industriellen Herstellung und dem Vertrieb unterstützen die Projektpartner JVI-Elektronik und FireEater das KIT. Beide haben bereits 2015 zusammen mit dem KIT im EU-Projekt „SmokeSense“ einen intelligenten Brandmelder auf Basis einer elektronischen Nase entwickelten. Er spürt Schwel- und Brandgase auf und bietet eine zuverlässige Analyse, um welches brennende Material es sich handelt.
KIT / RK