18.05.2017

Elektropulse säubern Wasser und Lacke

Physikalisches Verfahren macht den Einsatz von Bioziden überflüssig.

Die meisten Lacke, sei es im Haushalt oder in der Industrie, nutzen heute Wasser als Grundlage und sind umwelt­freundlicher als solche mit Löse­mitteln. Wasser­basierte Lacke haben aber einen Nachteil: Mikro­organismen wie Bakterien können sich darin aus­breiten. Betroffen sind auch Lackier­anlagen in der Automobil­branche und anderen Industrie­zweigen. Indus­trielle Wässer und Lacke künftig mit Elektro­impulsen nachhaltig entkeimen zu können, ist Ziel des Verbund­projekts „Dekonta­mination von indus­triellen Wässern und Lacken“ (DiWaL), das Forscher des Karls­ruher Insti­tuts für Techno­logie KIT koor­dinieren. Das neue Verfahren entwickeln sie gemeinsam mit Partnern aus Forschung und Industrie.

Abb.: Lackierung im Tauchbad: Industrielle Wässer und Lacke lassen sich mit Elektroimpulsen entkeimen. (Bild: KIT / Eisenmann)

Ob knallbunt oder klassisch in Silber­grau oder Schwarz: Bevor die ansprechende Decklack­schicht auf ein Auto kommt, wird die Karos­serie gereinigt, vorbe­handelt und erhält eine Schicht, die vor Korrosion schützt. Das geschieht in der Ober­flächen­vorbe­handlung und in der elektro­phoretischen Tauch­lackierung. Letzteres ist ein elektro­chemisches Verfahren, das über ein Gleich­spannungsfeld im Tauchbad einen gleich­mäßigen Lackfilm ermöglicht. „In den dabei verwen­deten Wässern und Lacken können sich jedoch Bakterien so vermehren, dass sie die Oberflächen­beschichtung beein­trächtigen. Um sie zu bekämpfen, werden bislang häufig Biozide eingesetzt. Mit der Elektro­impuls­technologie setzen wir nun auf ein Verfahren, das ohne chemische Zusätze arbeitet, damit Wasser­ressourcen schont und gleich­zeitig einen Beitrag zum Gewässer­schutz leistet“, sagt Wolfgang Frey vom IHM – Institut für Hoch­leistungs­impuls- und Mikro­wellentechno­logie des KIT.

Bei der Elektro­impuls­behandlung werden Mikro­organismen einem elek­trischen Feld ausgesetzt, dabei pola­risiert die Zell­membran. Es bilden sich elektrische Pole, und es öffnen sich wässrige Poren, die letzt­endlich zum Absterben der Mikro­organismen führen. Dieses Phänomen wird groß­technisch zur effek­tiven Gewinnung von Zell­inhalts­stoffen und zur Abtötung von Mikro­organismen genutzt. Da die Elektro­impulse rein physi­kalisch wirken, ist, anders als bei Bioziden, nicht zu erwarten, dass die Bakterien Resis­tenzen entwickeln. „Wir kontrol­lieren die mikro­biolo­gische Belastung und können so eine optimale Beschichtungs­qualität erreichen und gleich­zeitig Nachar­beiten vermeiden“, so Frey.

In der Automobil­herstellung ist die Lackierung der Bereich mit dem höchsten Wasser­verbrauch von bis zu 600 Liter pro Karosserie. Integriert wird die Elektro­impuls­technologie deshalb in ein neues, automa­tisiertes und ressourcen­effizientes Wasser­management- und Anlagen­konzept für Vorbe­handlung und Tauch­lackierung, das die Partner aus Forschung und Industrie ebenfalls im Rahmen des Projekts entwickeln. Dies soll es ermöglichen, Wasser in der Fabrik besser im Kreis­lauf zu führen und weniger Frisch­wasser zu verbrauchen. Im Mittel­punkt der anlagen­technischen Umsetzung stehen dabei die Aspekte Qualität, Kosten und Umwelt. Wesentlich dafür ist auch die Per­spektive der Anwender: DiWaL analysiert deshalb die Anfor­derungen der Nutzer ebenso wie mögliche Hemmnisse, die Ergebnisse fließen dann in Konzeption und tech­nische Ent­wicklung ein.

KIT / JOL

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