Energiesparen als Pflicht: Klimapaket steht
Nach wochenlangen Verhandlungen hat das Kabinett nun auch für den zweiten Teil des Klimapakets grünes Licht gegeben.
Berlin (dpa) - Drei Minister - eine Botschaft. Voller Energie präsentierten Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD), Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) und Bauminister Wolfgang Tiefensee (SPD) am Mittwoch den Beschluss zum zweiten Klimapaket. Nach wochenlangen Verhandlungen konnten sie die Kompromisse zum schärferen Energiesparen in Gebäuden, zur höheren Lkw-Maut und zum Ausbau der Stromnetze verkünden. Das Energiesparen soll zur Pflichtsache werden - und den Bundesbürgern mittelfristig Geld ins Portemonnaie bringen. «Das ist eine Sparbüchse, die wir hier verabredet haben», sagt Gabriel. Glos spricht von dem richtigen Signal in einer Zeit steigender Energiepreise.
So einmütig sich das Ministertrio zeigte, so zerstritten war es in den vergangenen Wochen. «Ich will nicht verhehlen, dass wir nicht an allen Stellen einig waren», sagt Tiefensee diplomatisch. Das Kabinett hat nun zwar auch für den zweiten Teil des Gesamtpakets grünes Licht gegeben, das im vergangenen Jahr in Meseberg vereinbart worden war. Die Regierung hat ein ehrgeiziges Ziel: Runter mit dem Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2) um 40 Prozent bis 2020 im Vergleich zu 1990. Davon ist bisher die Hälfte erreicht, weitere 10 Prozent bringt das erste Klimapaket, bis zu 6 Prozent der zweite Teil - allerdings in Verbindung mit den EU-Klimaschutzvorgaben für Autos.
Ein Teil des Klimaschutzkatalogs ist jedoch wegen Streitigkeiten verschoben worden. Die Umstellung der Kfz-Steuer vom Hubraum auf den Abgasausstoß soll erst 2010 kommen. Die von Tiefensee geforderte Möglichkeit zur Kürzung der Heizkosten um 12 Prozent, wenn Vermieter nicht die Standards zum Energiesparen erfüllen, sind weiter nur eine Forderung. Im Herbst soll darüber entschieden werden. Das Dienstwagenprivileg bei der Besteuerung gilt noch immer, steuerliche Ausnahmen für energieintensive Betriebe ebenfalls. Einige Pläne wie Energiestandards für Produkte und die Kennzeichnung des Verbrauchs von Autos werden auf EU-Ebene geregelt.
Die Grünen sprechen von «Klimaschutz light». Ihre Fraktionsvize Bärbel Höhn wirft der Regierung Scheitern vor. «Von den ursprünglich rund 30 geplanten Klimaschutzmaßnahmen ist der überwiegende Teil entweder verschoben, verwässert oder ganz weggefallen», kritisiert sie. Die Umweltschützer von Greenpeace sehen die Klimaschutzziele schon jetzt als verfehlt an. 30 statt 40 Prozent weniger CO2 halten sie für realistisch. Kritik kommt auch von der Autoindustrie und den Spediteuren, die eine höhere Lkw-Maut ablehnen. Der Mieterbund will mehr Energiesparpflichten für die alten Häuser.
Gabriel lässt die Kritik nicht gelten. «Ich bin absolut zufrieden mit dem, was wir geschafft haben», sagt er. «Wenn schon Greenpeace sagt, wir schaffen 30 Prozent, können wir nicht ganz schlecht sein.» Und so geht der Blick nach vorn. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht von einem «sehr wichtigen Fortschritt für den Klimaschutz» und sieht auch eine gute Grundlage für weitere Einsparpotenziale. Die Gespräche über ausstehende Klimaschutzvorhaben laufen innerhalb der Bundesregierung bereits. Glos, der bisher die geplante Möglichkeit der Heizkostenkürzung blockiert hat und bei der Kfz-Steuer Einbußen für ältere Autos ablehnt, warnt vor übereilten Entscheidungen: «Hüte Dich nicht vor dem Langsamgehen, hüte Dich vor dem Stehenbleiben.»
Marc-Oliver von Riegen, dpa
Hintergrund - Die Klimapakete der Bundesregierung
Die Bundesregierung hat im vergangenen Jahr Pläne für ein Klimapaket beschlossen. Am Mittwoch gab das Kabinett auch für den zweiten Teil grünes Licht, einiges wurde aber verschoben. Der Ausstoß an Kohlendioxid (CO2) soll bis 2020 um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken. Mit beiden Klimapaketen sowie geplanten EU- Vorgaben für Autos erreicht Deutschland bis zu 36 Prozent weniger CO2.
KLIMAPAKET I:
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Der Anteil von ÖKO-STROM am Energieverbrauch soll bis 2020 auf bis zu 30 Prozent verdoppelt werden. Die Kosten für einen Haushalt mit 3500 Kilowattstunden Stromverbrauch im Jahr steigen laut Umweltministerium von monatlich drei auf fünf Euro 2015 und gehen dann leicht zurück. Vor allem Windenergie soll ausgebaut werden. Die Solarförderung wird zurückgefahren.
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Für Hausbauer soll von 2009 an eine Pflicht für ÖKO-HEIZUNGEN in Neubauten gelten. Bei Altbauten soll es nur finanzielle Anreize geben, um mit modernen Brennern, Solar- und Holzpelletanlagen voranzukommen.
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Für KRAFT-WÄRME-KOPPLUNG sollen 750 Millionen Euro jährlich ausgegeben werden, um die parallele Produktion von Strom und Wärme bis 2020 von 11 auf 25 Prozent auszubauen.
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«INTELLIGENTE STROMZÄHLER» sollen die Nutzung unterschiedlicher Tages- und Nachttarife ermöglichen.
KLIMAPAKET II:
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ENERGIESPAREN: Bei Neubauten und grundlegender Sanierung von Altbauten soll es schärfere Standards zum Energiesparen geben. Von 2009 an sollen 30 Prozent Kilowattstunden pro Quadratmeter Energie eingespart werden. Dies soll auch für Ein- und Zweifamilienhäuser gelten.
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LKW-MAUT: Die Maut auf Autobahnen steigt laut den Plänen für Lkw über 12 Tonnen von durchschnittlich 15 Cent auf durchschnittlich 16,3 Cent pro Kilometer. Wer mehr Abgas ausstößt, muss mehr zahlen. Spediteure werden zugleich entlastet.
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STROMNETZE: Die Stromnetze werden ausgebaut, damit sie den höheren Anteil an erneuerbaren Energien transportieren können. Ein Teil soll unterirdisch verlaufen.
OFFENE PLÄNE:
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KFZ-STEUER: Die Koalition hat die Umstellung der Kfz-Steuer vom Hubraum auf den Abgasausstoß auf 2010 verschoben. Die Details sollen früher feststehen. Über die Verbrauchskennzeichnung soll EU-weit entschieden werden.
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HEIZKOSTENKÜRZUNG: Mieter sollen nach Vorstellung von Umwelt- und Bauministerium die Heizkosten kürzen können, wenn Vermieter die Standards zum Energiesparen nicht einhalten. Ein Kompromiss ist für Herbst geplant.
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AUSBAU VON BIOKRAFTSTOFFEN: Der Bundestag berät derzeit über eine veränderte Strategie für Bioenergie.
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CO2-SENKUNG FÜR AUTOS: Über die Vorgaben zur Senkung von CO2-Werten für die Autoindustrie wird auf europäischer Ebene verhandelt.