21.06.2023 • Energie

Energiespeicherung mit Schwung

Schwungradspeicher kann Strom schnell speichern und wieder abgeben.

Innovative Lade- und Speicherlösungen haben durch die wachsende Verfügbarkeit erneuerbarer Energien wie Sonnen-, Wind- und Wasserkraft und die Steigerungen im Bereich Elektro­mobilität stark an Bedeutung gewonnen. Sie sollen Erzeugungs­überschüsse für jene Zeiten speichern, in denen die Erneuerbaren keinen Strom liefern, sollen die Netz­stabilität erhöhen und eine angemessene Lade­infra­struktur bereitstellen. Mit FlyGrid stellt ein Projekt­konsortium bestehend aus Universitäten, Energie­versorgern, Unternehmen und Startups den Prototypen eines Schwungrad­speichers vor, der in eine vollautomatisierte Schnell­ladestation integriert wurde und so die verbesserte Nutzung lokaler volatiler Quellen ermöglicht.

 

Abb.: Der Prototyp von FlyGrid (Bild: Energie Steiermark)
Abb.: Der Prototyp von FlyGrid (Bild: Energie Steiermark)

Nach mehrmonatigem Testbetrieb von FlyGrid an der Montan­universität Leoben wurde der Schwungrad­speicher nun bei der Energie Steiermark in Betrieb genommen, um ihn dort unter realen Bedingungen weiter zu verbessern. Der Pufferspeicher des Prototyps verfügt über einen Energieinhalt von fünf Kilowatt­stunden und bietet eine Ladeleistung von 100 kW. Größere Speichermengen sind durch das modulare Design ebenfalls möglich. Obwohl die Technologie des Schwungrad­speichers mit zu den ältesten Formen der Energie­speicherung zählt, eine der ersten Varianten war die Töpferscheibe, war es für die Entwicklung von FlyGrid notwendig, die Teilsysteme und Komponenten an neue Erfordernisse anzupassen.

Zur mechanischen Energiespeicherung wird hier ein Rotor – das Schwungrad – mittels eines Elektromotors auf eine hohe Drehzahl beschleunigt und die Energie als Rotations­energie gespeichert. Zurück­gewonnen wird die Energie, indem der Rotor seine Rotations­energie an einen Generator abgibt. Die komplette Entwicklung und Fertigung dafür fanden in Österreich statt.

Besonderes Augenmerk legten die Entwicklungspartner auf die Wälzlager, wobei hier Wälzlager­hersteller myonic federführend war. Die Lager müssen Drehzahlen von bis zu 30.000 Umdrehungen pro Minute bei einem Rotor­gewicht von 160 Kilogramm standhalten. Da die im Rotor speicherbare Energie­menge durch die Fliehkraft­belastung limitiert ist, kam für dessen Fertigung hochfeste Kohlefaser zum Einsatz. Für den Kohlefaserverbund-Rotor hat Projektpartner FWT ein spezielles Herstellungsverfahren entwickelt. Die Beschleunigung des Rotors übernimmt ein verlust­optimierter, synchroner Reluktanz­motor, der bei der Firma Thien eDrives entstanden ist.

Die Wahl fiel auf diese Elektromotortechnologie, weil sie einen sehr hohen Wirkungsgrad erreicht und ohne Magnete sowie seltene Erden auskommt. Um die Ladeleistung zu halten, verbraucht der Motor allerdings Energie, womit sich der Speicher über die Zeit entlädt. Ohne Energie­zufuhr ist der Speicher nach rund 25 Stunden vollständig entladen. Daher ist FlyGrid als Kurzzeit­speicher zu sehen, der sich nur dann rentiert, wenn oft Energie eingespeist und auch entnommen wird. Verpackt ist das System in ein eigens entwickeltes Sicherheits­gehäuse. Ein Vorteil von FlyGrid ist die zu erwartende hohe Lebensdauer, die im Gegensatz zu Batterien nicht von der Anzahl der Ladezyklen oder dem Alter abhängig ist.

Zusätzlich zur Energiespeicherung und -abgabe wurde im Rahmen des Projekts rund um den Speicher ein holistisches Konzept entwickelt, das auch Aspekte der Energie­versorgung, der Netzbelastung und der Lade­infra­struktur betrachtet. Das spiegelt sich in den vorgesehenen Einsatz­bereichen von FlyGrid wider. So sollen unter anderem lokale volatile Quellen wie PV-Anlagen integriert werden, deren Energie nicht nur zum Laden, sondern auch zur Einspeisung hoher Leistungen ins Netz gespeichert werden kann. Auch als mobile Schnellladebox, etwa für elektrifizierte Baumaschinen, ließe sich FlyGrid nutzen. Im Bereich Ladetechnik hat Projektpartner easelink sein vollautomatisiertes Ladesystem Matrix Charging beigesteuert.

„Die zunehmende Elektrifizierung der Mobilität und auch der Industrie sowie der Ausbau volatiler erneuerbarer Energiequellen sind eine Herausforderung für unsere Stromnetze. Daher ist es wichtig, Lösungen anzubieten, die einerseits das Stromnetz entlasten und andererseits die Nutzung der E-Mobilität erleichtern“, erklärt Projekt­leiter Armin Buchroithner vom Institut für Elektrische Messtechnik und Sensorik der TU Graz. „Neben Lösungen wie chemischen Batterien oder Pumpspeicherkraftwerken bietet FlyGrid mit seinem Schwungrad­speicher ein langlebiges System, das eine hohe Leistung bietet. Damit ist FlyGrid eine sinnvolle Ergänzung, die in kleinerem und größerem Maßstab den Umstieg auf erneuerbare Energien unterstützt.“ Dieses Projekt wird aus Mitteln des Klima- und Energiefonds gefördert und im Rahmen des Programms „Leuchttürme der Elektro­mobilität“ durchgeführt.

TU Graz / DE

 

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