Entstehung von Spiralgalaxien simuliert
Modellrechnungen im Rahmen des Auriga-Projekts umfassen erstmals magnetische Felder.
Mit tausenden Prozessoren, mehreren Terabyte Daten und Monaten an Rechenzeit hat eine Gruppe internationaler Forscher im Rahmen des Auriga-Projekts die bisher größten und hochauflösendsten Simulationen von Galaxien wie der Milchstraße erstellt. Um die Geschichte und Struktur des Universums zu verstehen, untersuchen Astronomen Galaxien mit Hilfe von Teleskopen und Simulationen und fügen ihre Ergebnisse zu einem großen Ganzen zusammen. Es wird davon ausgegangen, dass Spiralgalaxien, wie zum Beispiel unsere Milchstraße, aus mehreren hundert Milliarden Sternen sowie großen Mengen an Gas und Staub bestehen.
Abb.: Simulation der magnetischen Feldlinien in einer Spiralgalaxie. (Bild: R. J. J. Grand et al.)
Galaxien wie unsere Milchstraße haben die Form einer Spirale. In ihrer Mitte befindet sich ein schwarzes Loch, das von älteren Sternen und Spiralarmen umgeben ist. Wie diese Strukturen genau entstanden sind, ist eine Schlüsselfrage in der Erforschung des Kosmos. Die immensen Größenskalen von Galaxien sowie die komplexe Physik, die für ihre Berechnung benötigt werden, gelten als die größten Herausforderungen bei der Simulation solcher Strukturen mit Hilfe von Computermodellen. So ist die Masse von einzelnen Sternen, die die Bausteine von Galaxien darstellen, jeweils rund eine Billion mal kleiner als die Galaxie, in der sie sich befinden. Eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern vom Heidelberger Institut für Theoretische Studien ;HITS, der Durham University, dem Max-Planck Institut für Astrophysik und dem Massachusetts Institute of Technology hat sich diesem Problem angenommen.
Die Gruppe simulierte insgesamt 30 verschiedene Milchstraßen in hoher Auflösung, sechs davon sogar extrem hochaufgelöst, um noch mehr Details zu berücksichtigen. Die Simulationen liefen mehrere Monate lang größtenteils auf den deutschen Supercomputern „Hornet“, “Hazel Hen“ in Stuttgart und dem „SuperMUC“ in Garching und nutzten insgesamt rund 18 Millionen CPU-Stunden. Für die Simulationen verwendeten die Wissenschaftler den „AREPO“-Code, der von HITS-Wissenschaftler und Gruppenleiter Volker Springel entwickelt wurde. Der Code ermöglicht die Simulation verschiedener Galaxien mit nie da gewesener Präzision und beinhaltet eines der bisher umfassendsten Physikmodelle auf dem Gebiet. So können mit dem „AREPO“-Code Phänomene wie Gravitation, Sternenentstehung, Gasströme und Supernova-Explosionen simuliert werden. Zum ersten Mal war auch die Simulation magnetischer Felder möglich, die das interstellare Medium zwischen den Sternen durchdringen. Außerdem wurden schwarze Löcher simuliert, die Gas um sich herum einsammeln und Energie in weit entfernte Teile der Galaxie hinausstoßen.
Die Simulationen ergaben eine große Fülle physikalischer Daten und bieten hilfreiche Erkenntnisse für viele verschiedene Aspekte der Galaxienforschung: „Die Forschungsergebnisse des Auriga-Projekts liefern wichtige Informationen für andere Astronomen, etwa über die besonderen Eigenschaften von Satellitengalaxien oder die Verteilung der sehr alten Sterne im Halo,“ so HITS-Wissenschaftler Robert Grand. „Zusätzlich konnten wir die Entwicklung magnetischer Felder simulieren und untersuchen, wie diese das Gas in der Galaxie beeinflussen.“
Das Team fand zudem heraus, dass kleinere Galaxien in der frühen Entstehungsgeschichte mit der Milchstraßen-Galaxie verschmolzen sein könnten. Durch diesen Prozess kann eine größere Spiralgalaxie entstehen. „Damit eine Spiralgalaxie wachsen kann, benötigt sie eine beträchtliche Versorgung mit Gas zur Sternenentstehung. Kleinere, gasreiche Galaxien, die in unsere Galaxie hineinfielen, liefern genau das,“ so Grand weiter. In einem zweiten Schritt werden die Wissenschaftler die Forschungsergebnisse des Auriga-Projekts mit Beobachtungsdaten, wie denen der Gaia Mission vergleichen. Dadurch wollen sie besser verstehen, wie diese Verschmelzungen die Entstehung unserer und anderer Galaxien bestimmt haben.
HITS / JOL