22.01.2010

Erdbebenvorhersage für Kalifornien schwieriger als gedacht

Mit hochaufgelösten Geländeaufnahmen entpuppt sich die Dynamik der Erdbebenzone entlang des St. Andreas Graben als sehr kompliziert.

Mit hochaufgelösten Geländeaufnahmen entpuppt sich die Dynamik der Erdbebenzone entlang des St. Andreas Graben als sehr kompliziert.

Weder detaillierte Satellitenfotos noch eng geknüpfte Sensornetzwerke konnten bisher zu einer zuverlässigen Erdbebenvorhersage führen. Aber die Geophysiker geben die Suche nach diesem „Heiligen Gral der Bebenforschung“ nicht auf. Am St. Andreas Graben in Kalifornien fanden zwei amerikanische Forschergruppen einen Weg, die Stärke und Häufigkeit vergangener Beben besser beurteilen zu können. Aus den Ergebnisse könnten die Zeitintervalle, in denen Starkbeben in einer Region auftreten, genauer bestimmt werden.

Abb.: Verwerfung entland des St.Andreas Grabens, aufgenommen mit einem LIDAR/Radar-System und einer Auflösung von 10 Metern bzw. 0,25 Metern, (Bild: Zielke, Toke, Arrowsmith / Sciencexpress)

Knapp 200 Kilometer nördlich von Los Angeles klafft der St. Andreas Graben etwa zehn Meter auseinander. Auf diese Region der Carrizo-Ebene konzentrierten die beiden Gruppen von der Arizona State University und der University of California in Irvine ihre Arbeiten. Mit einer Magnitude von 7,8 soll das Starkbeben von Fort Tejon im Jahr 1857 allein verantwortlich für diese Verwerfung sein. Doch die neuen Messungen ergaben, dass nur die Hälfte der Verschiebung von gut fünf Metern direkt auf dieses Beben zurückzuführen sei. Mehrere, bisher unbekannte Folgebeben machen die Geowissenschaftler für das weitere Aufklaffen auf bis zu zehn Metern verantwortlich.

Möglich wurde diese genaue Analyse der Grabenbildung mit einer bis auf 25 Zentimeter genauen LiDAR-Vermessung (Light Detection and Ranging) der Topographie. Diese wird vor allem in ausgetrockneten Flussläufen deutlich, die möglichst senkrecht zum Graben verlaufen. Zusätzlich konnte das Alter der einzelnen Teilverwerfungen mit Radiocarbon-Analysen von Bodenproben bestimmt werden. Das legt nahe, dass Erdbeben entlang des St. Andreas-Grabens häufiger auftreten müssen als bisher angenommen. Damit könnte sich das Zeitintervall von 240 bis 450 Jahren, in dem nach bisherigen Kenntnissen Starkbeben in dieser Region auftreten sollten, deutlich verkürzen.

"Diese Idee der in einer charakteristischen Weise sich wiederholenden Verschiebungen ist ausgesprochen interessant“, sagt Lisa Grant Ludwig von der Arizona State University. Denn dadurch könne die Vorhersage von Erdbeben entlang des St. Andreas-Grabens mit einer vernünftigen Zuverlässigkeit möglich werden. Allerdings zeigen diese Daten auch, dass die Bebendynamik in Kalifornien weitaus komplexer ist als bisher angenommen. Trotz des viel versprechenden Ansatzes, mit hochaufgelösten Topographie-Vermessungen und Radiocarbon-Datierungen vergangene Beben und deren Stärke zu identifizieren, bleibt der Blick in die Zukunft und damit die Vorhersage von Starkbeben extrem schwierig. Und ob die Erkenntnisse aus Kalifornien auf andere Bebengebiete rund um den Globus übertragbar sind, können nur weitere Messkampagnen zeigen.

Jan Oliver Löfken


Weitere Infos

Weiterführende Literatur:

  • Ch. H. Scholz: The Mechanics of Earthquakes and Faulting. Cambridge Univ. Press, Cambridge, ed. 2, 2002
  • S. O. Akciz, L. Grant Ludwig, J. R. Arrowsmith: Revised dates of large earthquakes along the Carrizo section of the San Andreas Fault, California, since A.D. 1310 ± 30. J. Geophys. Res. 114, B01313 (2009)
    dx.doi.org/10.1029/2007JB005285

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