08.01.2016

Erste globale Alterskarte unserer Milchstraße

Galaxis ist von innen nach außen gewachsen, die meisten alten Sterne befinden sich in den inneren Regionen.

In den vergangenen Jahrzehnten haben umfangreiche Durch­musterungen den Astronomen Daten über Millionen astro­nomischer Objekte beschert. Das macht heute groß angelegte Auswer­tungen nie zuvor gekannten Ausmaßes möglich. Aber solche Auswer­tungen sind immer nur so gut wie die Werk­zeuge, die dafür zur Verfü­gung stehen. Jetzt haben Melissa Ness und Marie Martig vom MPI für Astronomie dem astro­nomischen Werk­zeug­kasten zwei wichtige Ergän­zungen hinzu­gefügt: Mithilfe von Daten der APOGEE-Durch­musterung – einem Teil des Sloan Digital Sky Survey – und des NASA-Welt­raum­teleskops Kepler entwickelten Ness und Martig zwei vonein­ander unab­hängige Methoden, das Alter von roten Riesen­sternen direkt aus deren Spektren zu bestimmen.

Abb.: Altersverteilung für rote Riesensterne quer durch unsere Milch­straße, wie sie Ness und ihre Kollegen erstellt haben. Die Stich­probe ist hier in eine Simu­lation einer milch­straßen­artigen Galaxie einge­bettet. Die unter­schied­lichen Farben der Stich­proben-Pixel zeigen die unter­schied­lichen Stern­alter an: rot für die ältesten Sterne, grün für Sterne mittleren Alters und blau für die jüngsten Sterne. Die Alters­verteilung, einschließlich der deutlich sicht­baren Konzen­tration älterer Sterne hin zum galak­tischen Zentrum, bestätigt die Aussagen der heutigen Modelle für die Entwicklung unserer Milch­straße. (Bild: M. Ness & G. Stinson, MPIA)

Damit konnten die Astronomen für fast hundert­tausend rote Riesen, die mit der APOGEE-Durch­musterung beobachtet worden waren, das Alter bestimmen und so eine ganz neu­artige Karte unserer Milch­straße erstellen: eine Alters­verteilung, die zeigt, wo in unserer Heimat­galaxie sich die alten, die mittel­alten und die jungen Sterne befinden. Die Karte stellt dabei einen reprä­senta­tiven Quer­schnitt durch die wichtigsten galak­tischen Regionen vom Zentrum bis zu den 65.000 Licht­jahre vom Zentrum entfernten Außen­bezirken dar.

Mit einer Alterskarte dieser Art lassen sich Entwicklungs­modelle für die Galaxis testen. Solche Modelle sagen beispiels­weise vorher, dass die Stern­scheiben, die in Galaxien wie unserer Milch­straße den Groß­teil der Sterne beher­bergen, sich von innen nach außen gebildet haben, sprich: von einer vergleichs­weise kleinen Scheibe aus immer weiter nach außen gewachsen sind. Demnach würde man nahe dem galak­tischen Zentrum ältere und nach außen hin immer jüngere Sterne erwarten. Die Karte bestätigt genau diese Verteilung. Die Modelle sagen außer­dem, dass bei festem Abstand vom galak­tischen Zentrum in der Scheiben­ebene eher jüngere, entfernt davon eher ältere Sterne zu finden sein sollten. Auch das bestätigt die Karte von Ness und Kollegen.

Sobald die Ergebnisse derzeit laufender Durch­musterungen wie APOGEE-2 oder der Arbeit des ESA-Satelliten Gaia vorliegen, versprechen die von Ness und Martig entwickelten Methoden noch deutlich weiter­reichende Ergebnisse. Dann dürften sich Astro­nomen daran machen, die Stern­ent­stehungs-Geschichte unserer Milch­straße insge­samt zu rekon­struieren: wie viele Sterne in den verschiedenen Epochen unserer galak­tischen Geschichte entstanden sind, in welchen Regionen dies statt­fand, und wie die Sterne das Roh­material unserer Heimat­galaxie durch die in ihnen entste­henden schwereren chemischen Elemente verändert haben. Solche Veränderungen und das Vorhan­densein schwererer Elemente sind Voraus­setzung für die Entstehung von Planeten und letztlich auch von Lebewesen.

MPIA / RK

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