29.10.2009

Erster Blick ins Dunkle Zeitalter des Kosmos

13 Milliarden Lichtjahre: Der Gammastrahlenausbruch GRB 090423 stellt mit einer Rotverschiebung von 8,2 einen neuen Entfernungsrekord auf.


13 Milliarden Lichtjahre: Der Gammastrahlenausbruch GRB 090423 stellt mit einer Rotverschiebung von 8,2 einen neuen Entfernungsrekord auf.

Am 23. April 2009 registrierten die Detektoren des amerikanisch-europäischen Satelliten-Observatoriums Swift einen wenige Sekunden dauernden Gammastrahlungsausbruch. Für sich genommen nichts Ungewöhnliches - im Durchschnitt meldet Swift jeden Tag einen derartigen Strahlungsschauer aus dem All. Doch Nachbeobachtungen zeigten, dass die Strahlung des Ausbruchs GRB 090423 eine Rotverschiebung von 8,2 aufweist. Damit stellt die Strahlungsquelle einen neuen Entfernungsrekord auf: Über 13 Milliarden Jahre brauchte die Strahlung, um die Erde zu erreichen.

Ab..: Rotes Glimmen: Der schwache rote Fleck im Zentrum des Bildes ist das Nachleuchten des Gammastrahlungsausbruchs vom 23. April 2009. (Bild: A.J.Levan & N.R.Tanvir, Nature)

GRB 090423 übertrifft damit den bisherigen Entfernungsrekord um 150 Millionen Lichtjahre. Der Gammastrahlungsausbruch bietet den Astronomen erstmalig einen Blick in das so genannte Dunkle Zeitalter des Kosmos, die Epoche zwischen der Rekombination der Materie nach dem Urknall und der Reionisation des intergalaktischen Mediums durch die Strahlung der ersten Sterne.

"Es ist erstaunlich, dass es im Universum bereits so früh massereiche Sterne gab, die in dieser Weise explodieren konnten", erklärt Alberto Fernandez-Soto von der Universität Valencia, ein spanischer Astronom, der an den Nachbeobachtungen der Explosion beteiligt war. Nachdem Swift den Gammastrahlungsausbruch registriert hatte, alarmierte ein automatisches System sofort Astronomen in aller Welt. Innerhalb weniger Stunden nach dem Ausbruch konnten die Forscher an mehreren Sternwarten das Nachglühen der Explosion im infraroten und optischen Spektralbereich beobachten und die Rotverschiebung der Quelle ermitteln.

Zu Gammastrahlungsausbrüchen kommt es, wenn extrem massereiche Sterne ihren Vorrat an nuklearem Brennstoff aufgebraucht haben und kollabieren. Übersteigt ihre Masse einen Grenzwert von etwa dem Zwanzigfachen der Sonnenmasse, so entsteht kein Neutronenstern, sondern ein Schwarzes Loch. Bei diesem Kollaps bilden sich durch Rotation und Magnetfelder über den Polen des sterbenden Sterns extrem eng gebündelte Strahlen, so genannte Jets, die einen Teil der Materie mit hoher Geschwindigkeit ins All ausstoßen. Nur wenn einer dieser Strahlen genau auf die Erde gerichtet ist, können die Astronomen den Tod des Sterns als Gammastrahlungsausbruch beobachten.

Mit einer Rotverschiebung von 8,2 ist der Stern 630 Millionen Jahre nach dem Urknall explodiert. Damit eröffnet GRB 090423 den Astronomen erstmals einen Blick in eine wenig bekannte frühe Epoche unseres Kosmos. Rund 400 Millionen Jahre nach dem Urknall hatte sich das Plasma im Universum so weit abgekühlt, dass Protonen und Elektronen zu neutralen Wasserstoff-Atomen rekombinieren konnten. Erst danach konnten die ersten Sterne entstehen - und mit ihrer Strahlung das Gas zwischen den Galaxien erneut ionisieren. Zwischen 800 und 900 Millionen Jahren nach dem Urknall war diese Reionisation abgeschlossen.

Überraschenderweise unterscheidet sich das Nachleuchten des Rekordausbruchs vom 23. April 2009 nicht von Gammastrahlungsausbrüchen in geringeren Entfernungen. Das spricht nach Ansicht der Astronomen dafür, dass es sich bei dem explodierten Objekt nicht um einen Stern der allerersten Generation im Kosmos gehandelt hat. Die Forscher hoffen deshalb, Gammastrahlungsausbrüche mit noch größeren Entfernungen zu finden. Mit der heutigen Technik wäre es im Prinzip möglich, Gammastrahlungsausbrüche mit Rotverschiebungen von bis zu 20 aufzuspüren.

Rainer Kayser 


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