Erstmals dreidimensionaler topologischer Isolator für Licht erzeugt
Sorgfältig platzierte Fehlstelle ermöglicht Ausbreitung von Lichtsignalen entlang der Oberfläche ohne Streuung.
Das Konzept regelmäßiger Strukturen ist nicht nur in der Materialwissenschaft von Relevanz, sondern erlaubt auch die mathematische Beschreibung der Lichtausbreitung in gitterförmigen Anordnungen von Wellenleitern. „Lichtstrahlen breiten sich geradlinig aus und lassen sich allenfalls durch Reflexion an einem Spiegel oder die Brechung an einer Linse ablenken“, beschreibt Alexander Szameit von der Uni Rostock das alltägliche Verständnis für Licht. „Darum erstaunt es mich immer wieder, dass wir Licht tatsächlich auf definierte Bahnen leiten können und es zwischen ihnen hin- und herspringen kann wie die Elektronen in einem Kristall.“ Diese Idee bildet die Grundlage seiner Forschung, die Wellenleitersysteme nutzt, um verschiedene Facetten der Festkörperphysik auf die Optik zu übertragen und gänzlich neue Effekte und neuartige funktionelle Strukturen zu entwickeln.
So gelang es Szameit und seinem Team kürzlich in Zusammenarbeit mit dem Technion Haifa in Israel und der Uni Zhejang in China, den ersten dreidimensionalen topologischen Isolator für Licht zu konstruieren. „Topologische Isolatoren sind eine eigenständige Phase von Materie, die überhaupt erst vor wenigen Jahrzehnten entdeckt wurde“, erläutert Team-Mitglied Lukas Maczewsky den Ausgangspunkt der Experimente. „Ihr photonisches Gegenstück kann Licht um Defekte und scharfe Ecken herumleiten und schützt es dabei vor ansonsten unvermeidlicher Streuung.“
Die hohe Ausbreitungsgeschwindigkeit macht es jedoch normalerweise nötig, mindestens eine der Raumrichtungen zu opfern, um Licht in den verbleibenden Richtungen zu kontrollieren. Dementsprechend waren bisherige Ansätze der topologischen Photonik auf eindimensionale oder planare Anordnungen beschränkt.
Diese Einschränkungen wurden nun durch das Forscherteam auf elegante Weise überwunden: durch die gezielte Platzierung eines schraubenförmigen Gitterdefekts. Diese spezielle Form einer Fehlstelle verbindet benachbarte Gitterebenen auf systematische Weise, die sich wie eine Wendeltreppe um eine zentrale Achse winden.
Dieser wissenschaftlich-technologische Durchbruch stellt einen wichtigen Schritt auf dem Gebiet der topologischen Photonik dar. Wenngleich es noch einige Hürden zu überwinden gibt, bis die hierbei gewonnenen Erkenntnisse tatsächlich zum Einsatz kommen können, haben diese Entwicklungen enormes Potenzial für verschiedenste innovative Zukunftstechnologien, wie beispielsweise kompakte dreidimensionale Schaltkreise für optische Quantencomputer und funktionalisierte optische Materialien mit maßgeschneiderten Eigenschaften für hochempfindliche optische Sensoren.
U. Rostock / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
E. Lustig et al.: Photonic topological insulator induced by a dislocation in three dimensions, Nature 609, 931 (2022); DOI: 10.1038/s41586-022-05129-7 - AG Experimentelle Festkörperoptik (A. Szameit), Institut für Physik, Universität Rostock