09.03.2017

Es muss nicht immer Graphen sein

Kunststoffumhüllte Silizium-Nanoblätter bieten vergleichbare Möglichkeiten.

Silizium-Nanoblätter sind dünne, zwei­dimensionale Schichten mit heraus­ragenden opto­elektronischen Eigenschaften, ähnlich denen des Graphens. Alleine sind sie jedoch instabil. Nun stellt ein Forschungs­team der Technischen Universität München (TUM) erstmals ein Verbundmaterial aus den Silizium-Nano­blättern und einem Kunststoff vor, das UV-beständig und leicht zu verarbeiten ist. Einer industriellen Anwendung, etwa als Material für flexible Displays oder Photo­sensoren, kommt das interdisziplinäre Team damit ein bedeutendes Stück näher.

Abb.: Extrudierte Spirale aus polymerumhüllten Silizium-Nanoblättchen unter UV-Licht (Bild: T. Helbich, TUM)

Ähnlich wie Kohlenstoff bildet auch Silizium zwei­dimensionale Netzwerke, die nur eine Atomlage dick sind. Wie das Graphen, für dessen Entdeckung Andre Geim und Konstantin Novoselov 2010 den Nobelpreis erhielten, verfügen sie über heraus­ragende opto­elektronische Eigenschaften. Einsetzbar wären Silizium-Nanoblätter daher in der Nano­elektronik, beispielsweise für biegbare Displays, als Material für Feld­effekt­transistoren oder für Photo­detektoren. Auf Grund seiner Fähigkeit, Lithium-Ionen zu speichern, ist es auch als Anoden­material für Lithium­ionen Akkus im Gespräch.

„Silizium-Nanoblätter sind besonders interessant, weil unsere gesamte Informations­technologie heute auf Silizium basiert und man anders als beim Graphen nicht auf einen anderen Grundstoff wechseln müsste“, erklärt Tobias Helbich vom WACKER-Lehrstuhl für Makro­molekulare Chemie der TU München. „Jedoch sind die Nanoblätter alleine sehr anfällig und werden von UV-Licht schnell zersetzt, was seine Anwendung bisher stark einschränkte.“

Nun ist es Helbich zusammen mit Bernhard Rieger, Inhaber des Lehrstuhls für Makro­molekulare Chemie, erstmals gelungen, Silizium-Nanoblätter in Kunststoff einzubetten und so vor der Zersetzung zu schützen. Gleichzeitig werden die Nano­blätter im selben Schritt modifiziert und so gegen Oxidation geschützt. Es ist das erste Nano­komposit auf Basis von Silizium­nanoblättern.

„Das Besondere an unserem Nanokomposit ist, dass es die positiven Eigenschaften seiner beiden Bestandteile vereint“, erklärt Tobias Helbich. „Die Polymer­matrix absorbiert das Licht im UV-Bereich, stabilisiert die Nano­blätter und verleiht dem Material die Eigenschaften des verwendeten Polymers, während gleichzeitig die außer­gewöhnlichen opto­elektronischen Eigenschaften der Nanoblätter erhalten bleiben.“

Seine Flexibilität und Beständigkeit gegen äußere Einflüsse führen zudem dazu, dass sich das neu entwickelte Material mit gängigen Verfahren der Polymer­technik industriell verarbeiten lässt. Eine industrielle Anwendung rückt so in greifbare Nähe. Besonders für einen Einsatz im Bereich des aufkommenden Gebiets der Nano­elektronik eignen sich die Komposite. Hier werden „klassische“ elektronische Komponenten wie Schalt­kreise und Transistoren auf Basis neuer Nano­materialien in Größen verwirklicht, die unter 100 Nanometern liegen. Auf diese Weise lassen sich ganz neue Technologien verwirklichen – etwa für schnellere Computer­prozessoren.

Eine erste erfolgreiche Anwendung des von Helbich konstruierten Nano­komposits wurde erst vor kurzem im Rahmen des des ATUMS Graduierten­programms (Alberta/TUM International Graduate School for Functional Hybrid Materials vorgestellt: Alina Lyuleeva und Paolo Lugli vom Lehrstuhl für Nanoelektronik der TU München gelang es in Zusammenarbeit mit Helbich und Rieger, einen wenige Nanometer großen Photo­detektor zu bauen. Dafür trugen sie die in eine Polymer­matrix eingebetteten Silizium-Nanoblätter auf eine mit Gold­kontakten beschichtete Silizium­dioxid-Oberfläche auf. Aufgrund seiner geringen Abmessungen spart ein solcher nano­elektronischer Detektor viel Platz und Energie.

Die Arbeit ist Teil des ATUMS-Graduiertenprogramms (Alberta/TUM International Graduate School for Functional Hybrid Materials (ATUMS; IRTG 2022), in dem deutsche und kanadische Wissenschaftler aus den Bereichen Chemie, Elektro­technik und Physik eng zusammen arbeiten. Ihr Ziel ist es nicht nur, auf Basis von Nano­partikeln und Polymeren Materialien mit ganz neuen Funktionen zu schaffen, sondern zugleich auch parallel erste Anwendungen zu entwickeln.

TUM / DE

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