02.12.2013

Exo-Kraftwerk Rote Pumpe

Der Mars kann täglich große Mengen Kohlendioxid umwälzen.

Der Mars ist eine einzige gigantische Gaspumpe. Sein Boden gibt in warmen Regionen Kohlendioxid und andere flüchtige Stoffe in die Atmosphäre ab und saugt sie in schattigen Gegenden wieder ein. Kein anderer Planet im Sonnensystem kann das. Diesen bislang unbekannten Mechanismus konnten Astrophysiker der Universität Duisburg-Essen (UDE) jetzt experimentell nachweisen.

Abb.: Sonnenstrahlung lässt Gas aus kälteren Bodenschichten an die Oberfläche steigen. Der Druckunterschied wiederum saugt Gas aus schattigen Regionen in den Boden. (Bild: C. de Beule et al.)

An der UDE beschäftigen sich die Astrophysiker um Gerhard Wurm damit, wie aus Staub Himmelskörper entstehen. Den Mars findet er spannend, „weil er von der Erde aus gesehen der nächste Planet ist, auf dem der Mensch herumlaufen kann. Wenn wir in absehbarer Zeit irgendwo hinfliegen, dann dorthin.“ Eines seiner Projekte heißt EULE. Es geht um die Frage, warum die Mars-Atmosphäre so staubig ist. Dafür experimentierten die UDE-Forscher im Fallturm der Uni Bremen – eine in Europa einmalige Einrichtung. Er hat eine 110 Meter hohe Vakuumröhre, in der Versuche in einer Kapsel schwerelos hinuntersausen. Bei ihren Tests entdeckten Wurm und sein Team mehr zufällig, dass der Mars exklusive Fähigkeiten hat: Sein Boden pumpt Gas effektiv durch die oberen Bodenschichten.

Dafür sorgen zwei Dinge – zum einen der besondere Atmosphärendruck auf dem Roten Planten. „Gas kann sehr effizient von einer kalten zu einer warmen Seite strömen. Das ist aber nur möglich, wenn der Druck in einem ganz bestimmten Bereich liegt – nämlich bei wenigen Millibar. Auf der Erde ist er etwa hundert Mal größer, weshalb der Austausch durch das Erdreich hier so nicht funktioniert“, erklärt Wurm. „Der Mars allerdings hat diesen idealen Atmosphärendruck auf der Oberfläche. Als einziger im Sonnensystem.“

Zweiter Faktor ist das Klima: Tagsüber heizt die Sonne den Wüstenplaneten auf. Die Schichten unter seiner Oberfläche sind aber noch kühl von der kalten Nacht (bis zu -85 Grad Celsius). Dies und der ideale Druck führen dann dazu, dass CO2 und andere flüchtige Stoffe aus dem Boden gedrückt werden. In schattigen Gegenden dagegen werden sie dann hineingesogen. „Es ist wie eine Konvektionsrolle“, sagt Projektmitarbeiterin Caroline de Beule.

„Die Fallkapsel bietet etwa neun Sekunden Schwerelosigkeit“, berichtet sie von der irdischen Marsmission. „In dieser Zeit sieht man anhand von Tracerpartikeln sehr gut, wie Gas aus der Oberfläche eines beleuchteten Staubbetts austritt und im Schatten wieder in die Stauboberfläche eintritt.“

Das neue Phänomen wird die Astrophysiker weiter beschäftigen. Sie wollen ihre Experimente ausweiten – „um unseren Nachbarn besser zu verstehen“, sagt Wurm. Pläne, dass in 20 Jahren die ersten Menschen den Mars besiedeln könnten, hält er für „prima, aber sehr spekulativ“.

UDE / DE

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