Explodierende Nanoteilchen gefilmt
Experiment liefert fundamentale Erkenntnisse über Physik stark überhitzter Materie.
Mithilfe eines Röntgenlasers hat ein deutsch-amerikanisches Forscherteam Explosionen von einzelnen freien Nanopartikeln gefilmt. Dabei konnten die Wissenschaftler erstmals eine Auflösung von unter acht Nanometern mit einer sehr hohen zeitlichen Auflösung von hundert Femtosekunden kombinieren. Die Belichtungszeit der Aufnahme war so kurz, dass die schnellen gasförmigen Teilchen auf den Bildern wie eingefroren erschienen und deswegen nicht – wie in der Mikroskopie üblich – fixiert werden mussten. Für die Experimente benutzte das Team einen Freie-Elektronen-Laser, der extrem kurze und intensive Röntgenblitze produziert.
Abb.: Explosion eines laser-erhitzten Nanopartikels. (Bild: T. Grokhover, TU Berlin)
Moderne Abbildungsverfahren sind stark begrenzt, wenn eine Kombination aus hoher Auflösung und extremer Schnelligkeit benötigt wird. Schnelle optische Bildgebungsverfahren konzentrieren sich meist nur auf makroskopische Objekte. Elektronenmikroskope produzieren wesentlich schärfere Bilder, allerdings leidet im Gegenzug die zeitliche Auflösung unter der langen Belichtungszeit. Dieser Umstand führte bis jetzt dazu, dass ultraschnelle Prozesse in freien Nanoteilchen nicht direkt abgebildet werden konnten. Dabei ist das Verständnis von solchen Abläufen fundamental wichtig für ein breites Spektrum an Fragestellungen, reichend von der Klimamodellierung bis zur Nanotechnologie.
Generell können freie Nanopartikel ihre Eigenschaften stark verändern, sobald sie auf Oberflächen fixiert werden. Um die zu untersuchenden Teilchen und ihre Dynamik möglichst unberührt abbilden zu können, wurden die Teilchen deshalb während des freien Fluges durch eine Vakuumkammer abgelichtet. Die winzigen Partikel mit Durchmessern von vierzig Nanometern bestanden aus festem Xenon. Die Teilchen wurden mit einem intensiven optischen Laser ionisiert, stark erhitzt und zum Explodieren gebracht, um anschließend mit Röntgenblitzen beleuchtet zu werden. Aus einer Vielzahl von Bildern wurde ein Film aus einzelnen Explosionen zusammengesetzt. „Zu unserer Überraschung schienen die explodierenden Teilchen im Laufe der Zeit kleiner zu werden, anstatt, wie erwartet, zu expandieren“, sagt Tais Gorkhover von der TU Berlin. Dieses unerwartete Ergebnis konnte schließlich mit theoretischen Modellen erklärt werden, in denen die Teilchen nicht gleichmäßig expandieren, sondern von außen nach innen schmelzen.
Ein weiterer interessanter Aspekt der neuen Methode ist, dass es erstmals gelang, Dynamiken von einzelnen freien Nanoteilchen direkt abzubilden. Bisher basierten die meisten zeitaufgelösten Studien auf der Beobachtung von vielen Partikeln und damit auf durchschnittlichen Werten. Dabei können fundamentale Unterschiede, die zum Beispiel mit der Größe, der Position und der Beschaffenheit der Teilchen zusammenhängen, leicht übersehen werden. „Wir haben bereits in früheren statischen Experimenten bestätigt, dass man mit dieser Herangehensweise unerwartete Effekte entdecken kann, die vorher nicht wahrgenommen wurden. Nun steht dieser Ansatz endlich auch für zeitaufgelöste Abbildungsverfahren zur Verfügung”, sagt Gorkhover.
Das Experiment liefert nicht nur fundamentale Einblicke in die Physik von stark überhitzter Materie, sondern ebnet den Weg für eine Vielzahl von zukünftigen Experimenten, die schnelle Dynamiken mit hoher Auflösung in freischwebenden Teilchen untersuchen wollen. Solche Dynamiken sind zum Beispiel bei der Bildung von Aerosolen wichtig, die einen Großteil der Sonnenstrahlung reflektieren können und daher für Klimamodelle bedeutsam sind. Auch die Forschung an lasergetriebenen Fusionsreaktoren und das Gebiet der Nanoplasmonik, einem neuen Gebiet in der Nanotechnologie, wo die Eigenschaften von Nanoteilchen mit intensiven Lichtfeldern kontrolliert werden, könnten von der neuen Methodik profitieren.
TUB / RK










