14.05.2018

Extrem fest – nun auch im Bündel

Neues Verfahren vervielfacht die Festig­keit von ge­bündelten Nano­röhrchen-Fasern.

Einzelne Nanoröhrchen aus Kohlenstoff zählen zu den stabilsten Faser­werk­stoffen über­haupt. Ihre Reiß­festig­keit über­flügelt die von Kevlar­fasern um ein Viel­faches. Doch die Stabi­lität nimmt stark ab, sobald Zenti­meter lange Bündel aus Nano­röhrchen zu feinen Fasern ver­sponnen werden. Diese Hürde auf dem Weg zu einer tech­nischen Anwen­dung wie etwa als Trage­seil eines visio­nären Welt­raum­fahr­stuhls konnten jetzt Material­forscher der Tsinghua Univer­sity in Peking über­winden.

Abb.: Graphische Darstellung einer ultra­festen Faser aus mit­ein­ander ver­drillten, defekt­freien Nano­röhr­chen aus Kohlen­stoff. (Bild: R. Zhang et al., Tsinghua U.)

Rufan Zhang und seine Kollegen entwickelten dazu einen aus­ge­klügelten Ferti­gungs­prozess, um ver­drillte Nano­röhrchen-Bündel möglichst ohne Defekte zu pro­du­zieren. So gelang ihnen die Synthese von einige Zenti­meter langen Bündeln mit einer Reiß­festig­keit von bis achtzig Giga­pascal. Zum Ver­gleich: Ein­zelne Nano­röhrchen erreichen Werte von über hundert Giga­pascal. Die besten bisher gefer­tigten Nano­röhrchen mit einigen Zenti­metern Länge hielten ledig­lich einer Zug­span­nung von etwa acht Giga­pascal stand.

Die Grundlage für ihr neues Produktions­ver­fahren legten die Forscher mit einer genauen Analyse der geringen Stabi­lität bisher gefer­tigter Nano­röhrchen-Bündel. Sie erkannten, dass meist nur recht kurze Nano­röhrchen von höch­stens einigen Milli­metern Länge mit­ein­ander ver­drillt wurden – zusammen­gehalten von Van-der-Waals-Kräften. Unter Zug­belas­tung rissen dann nach und nach ein­zelne schwächere, mit Defekten aus­ge­stattete Röhrchen. So bestimmte gene­rell das schwächste Röhr­chen die Zug­festig­keit der gesamten Faser.

Abb.: Vergleich der Zug­festig­keit ver­schie­dener Werk­stoffe. (Bild: R. Zhang et al., Tsinghua U.)

Nun züchteten Zhang und seine Kollegen ihre mehr­wandigen Nano­röhrchen aus einer Methan-Wasser­stoff-Atmo­sphäre bei 1005 Grad Celsius. Während des etwa halb­stündigen Wachs­tums der Röhr­chen leiteten sie einen Argon-Wasser­stoff-Gas­strom durch die Synthese­kammer, so dass sich die Röhr­chen mög­lichst parallel aus­rich­teten. Unmittel­bar danach wurden zwei bis fünf­zehn Röhr­chen mit­ein­ander zu einige Zenti­metern langen Bündeln ver­drillt. An diese Bündel dockten sie schwach gebun­dene Nano­partikel aus Titan­dioxid an, um die Detail­analyse der Bündel über Raman-Spektren zu erleichtern.

Diese Bündel dehnten die Forscher mehrmals hinter­ein­ander um bis zu 14 Prozent. Kurze und weniger stabile Röhr­chen in der Faser zer­rissen teil­weise. Die Bruch­stücke wurden aus­sortiert und die rest­lichen Röhr­chen auf gleiche Länge zuge­schnitten. Nach und nach ent­standen über diese Sortier­methode Fasern aus bis zu sieben defekt­freien und stabilen Röhr­chen. Mikro­skop­auf­nahmen bestä­tigten den zuneh­mend homo­generen, defekt­freien Auf­bau des Röhrchen­bündels. Über dieses wieder­holte Dehnen und Ent­spannen konnte die Reiß­festig­keit signi­fi­kant gesteigert werden.

Bündel aus bis zu sieben Röhrchen erreichten bei gut zehn Prozent Dehnung eine Reiß­festig­keit von etwa sechzig Giga­pascal. Aus zwei mit­ein­ander ver­drillten, langen Röhr­chen ent­stand schließ­lich eine einige Zenti­meter lange Faser mit einer Reiß­festig­keit von knapp über achtzig Giga­pascal. So zeigt diese Arbeit einen Weg auf, um die hohe Festig­keit ein­zelner Nano­röhrchen auch auf deut­lich längere und dickere Bündel weitest­gehend zu über­tragen. „Ohne Zweifel wird die Ent­wick­lung einer Pro­duk­tion super­fester und langer Nano­röhrchen-Fasern von diesem Ver­fahren profi­tieren“, ist Zhang über­zeugt. Eine Heraus­forde­rung bleibt jedoch die Skalie­rung dieses Pro­zesses, um nennens­werte Faser­mengen für einen tech­nischen Ein­satz günstig und schnell produ­zieren zu können.

Jan Oliver Löfken

RK

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