21.12.2018

Extrem schnelle Kamera filmt Elektronenbewegung

Ultraschnelle Umwandlung von Licht­energie in einem Fest­körper unter­sucht.

Bei der Umwandlung von Licht in Strom geht ein Großteil der ein­ge­brachten Licht­energie ver­loren. Ursache ist das Ver­halten der Elek­tronen im Inneren von Materi­alien. Trifft Licht auf ein Material, regt es Elek­tronen für den Bruch­teil einer Sekunde ener­ge­tisch an, bevor diese die Energie wieder an die Umge­bung abgeben. Auf­grund ihrer extrem kurzen Dauer von wenigen Femto­sekunden sind diese Prozesse bisher wenig erforscht. Einem Team der Uni Kiel unter der Leitung von Michael Bauer und Kai Roß­nagel ist es jetzt gelungen, den Energie­aus­tausch der Elek­tronen mit ihrer Umge­bung in Echt­zeit zu unter­suchen und dabei ein­zelne Phasen zu unter­scheiden.

Abb.: Filmaufnahmen zeigen erst­mals, wie sich die Energie­ver­tei­lung in...
Abb.: Filmaufnahmen zeigen erst­mals, wie sich die Energie­ver­tei­lung in einer Graphit­probe über den ultra­kurzen Zeit­raum von fünfzig Femto­sekunden ver­ändert. (Bild: G. Rohde et al. / APS)

In ihrem Experiment bestrahlten die Forscher Graphit mit einem inten­siven, ultra­kurzen Licht­impuls und filmten die Aus­wir­kungen auf das Ver­halten der Elek­tronen. Ein umfas­sendes Ver­ständnis der dabei ab­lau­fenden, grund­legenden Prozesse könnte zukünftig für Anwen­dungen in ultra­schnellen, opto­elek­tro­nischen Bau­teilen wichtig sein.

Welche Eigenschaften ein Material hat, hängt vom Ver­halten seiner Elek­tronen und Atome im Inneren ab. Ein grund­legendes Modell zur Beschrei­bung des Ver­haltens der Elek­tronen ist das Konzept des Fermi­gases. Hierbei werden die Elek­tronen im Material als gas­förmiges System betrachtet. Auf diese Weise gelingt es, ihre Wechsel­wirkungen unter­ein­ander zu beschreiben. Um das Ver­halten von Elek­tronen auf Basis dieser Beschrei­bung in Echt­zeit zu ver­folgen, ent­wickelte das Forschungs­team ein Experi­ment für Unter­suchungen mit extremer Zeit­auf­lösung: Wird eine Material­probe mit einem ultra­schnellen Licht­impuls bestrahlt, werden die Elek­tronen im Inneren kurz­zeitig ange­regt. Ein zweiter, zeit­ver­zögerter Licht­impuls löst einen Teil dieser Elek­tronen aus dem Fest­körper heraus. Ihre detail­lierte Analyse lässt Rück­schlüsse auf die elek­tro­nischen Eigen­schaften des Materials nach der ersten Licht­anre­gung zu. Eine spezielle Kamera filmt, wie die ein­ge­brachte Licht­energie sich über das Elek­tronen­system verteilt.

Die Besonderheit der Kieler Anlage ist ihre extrem hohe Zeit­auf­lösung von drei­zehn Femto­sekunden. Sie macht sie zu einer der schnell­sten Elek­tronen-Kameras welt­weit. „Dank der extrem kurzen Dauer der ver­wen­deten Licht­impulse sind wir in der Lage, ultra­schnelle Prozesse live zu filmen. Unsere Unter­suchungen haben gezeigt, dass hier über­raschend viel passiert“, erklärt Bauer.

In ihrem aktuellen Experiment beschoss das Forscher­team eine Graphit­probe mit einem kurzen, inten­siven Licht­impuls von nur sieben Femto­sekunden Dauer. Graphit zeichnet sich durch eine ein­fache elekt­ro­nische Struktur aus. Grund­legende Prozesse sind so besonders ein­deutig zu beob­achten. Die auf­tref­fenden Photonen störten im Experi­ment das thermische Gleich­gewicht der Elek­tronen. Dieses Gleich­gewicht beschreibt einen Zustand, bei dem unter den Elek­tronen eine ein­deutig definier­bare Tempe­ratur herrscht. Anschlie­ßend filmte das Forschungs­team das Ver­halten der Elek­tronen, bis ein Gleich­gewicht nach etwa fünfzig Femto­sekunden wieder­her­gestellt ist.

Dabei beobachteten die Wissenschaftler zahlreiche Wechsel­wirkungs­prozesse der ange­regten Elek­tronen mit den auf­tref­fenden Photonen, sowie Atomen und anderen Elek­tronen im Material. Anhand der Film­auf­nahmen konnten sie sogar unter­schied­liche Phasen inner­halb dieses ultra­kurzen Zeit­raums unter­scheiden. Zunächst nahmen die bestrahlten Elek­tronen die Licht­energie der Photonen im Graphit auf und wandelten sie damit in elek­trische Energie um. Anschlie­ßend ver­teilte sich die Energie auf weitere Elek­tronen, bevor diese sie an die um­lie­genden Atome weiter­gaben. In diesem letzten Prozess wird die elek­trische Energie schließ­lich unwieder­bring­lich in Wärme umge­wandelt; das Graphit erhitzt sich.

Die Experimente des Forschungsteams bestätigen erstmals auch theo­re­tische Vor­her­sagen. Damit ermög­lichen sie einen neuen Blick auf eine auf diesen kurzen Zeit­skalen bisher kaum unter­suchte Forschungs­thematik. „Durch unsere neuen tech­nischen Möglich­keiten können diese funda­men­talen, komplexen Prozesse zum ersten Mal direkt beob­achtet werden“, betont Bauer. Ange­wendet werden könnte dieser Ansatz auch, um in Zukunft ultra­schnelle Bewe­gungen von licht­ange­regten Elek­tronen in Materi­alien mit viel­ver­sprechenden optischen Eigen­schaften zu unter­suchen und zu opti­mieren.

CAU / RK

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